Alutech Pelmo first Look
Auf der Eurobike gab es vor allem eins: Viel Rummel um neue Elektromotoren. Während es an den großen Messeständen darum geht, die Skalierung nach oben zu treiben, gab es am Alutech Stand von Jürgen Schlender ein wahres Meisterwerk der Handwerkskunst zu bestaunen.
Die Mountainbike-Szene hat in den letzten Jahren einen rasanten Wandel hingelegt. Aus kleinen Hinterhoffirmen sind Unternehmen mit mehr als 1000 Mitarbeitern geworden. So manche Firma aus der Branche ist mittlerweile sogar börsennotiert. Und selbst die Automobilindustrie, der einstige Stern in Deutschlands Wirtschaftsportfolio, wittert jüngst immer öfter eine Chance, sich mit einem Engagement in der Bike-Branche zukunftsfähig aufzustellen. Anders ist das verstärkte Engagement von Bosch oder ZF nicht zu verstehen.
Die familiäre Szene von einst muss sich mittlerweile den knallharten Gesetzen des Kapitalismus beugen. Investoren bauen Druck auf, um die Absatzzahlen und damit das stetige Wachstum voranzutreiben. Wer nicht mithält, wird gefressen und verdaut. Die Übernahme und kürzliche Stilllegung der Firma Bold durch Scott ist das beste Beispiel dafür, was passiert, wenn eine Szene erwachsen wird.
Alutech, eine Firma, die alles miterlebt hat
Jürgen Schlender ist mit seiner Firma Alutech über 30 Jahre im Bike-Business dabei. Er kennt die Wurzeln der Branche. Er war dabei, als es bei Bike-Brands nur noch Sekt und Kaviar zum Frühstück gab. Und er beschreibt seine aktuelle Situation selbst mit den einfachen Worten:
Wir müssen uns gerade wieder gesundschrumpfen.
Sich wegen des Auftragsrückgangs nach der Corona-Zeit von einem Investor schlucken zu lassen war nie eine Option für den Tüftler von der Waterkant. Stattdessen hat er seinen Betrieb umgekrempelt. Statt Container neuer Ware in Asien zu bestellen und zu verkaufen, setzt er sich für seine Bikes jetzt wieder selbst an den Schweißbrenner. Einen Tag brutzelt er für einen Rahmen.
Hier schweißt der Chef noch selbst
Es gibt nicht viele Firmenchefs, die so eine Entscheidung heute noch treffen können. Denn Hand aufs Herz, von den 10 größten Bike-Firmen der Welt kann kein CEO mehr einen Schweißbrenner bedienen. In den meisten Firmen ist nicht mal mehr ein Schweißbrenner vorhanden. Die kleinteilige Aufteilung der Verantwortungen schraubt die Qualität und den technischen Fortschritt zweifelsohne nach oben, nimmt den Firmen aber auch viel Freiheiten.
Die Option sich wieder gesundzuschrumpfen, haben also nur die allerwenigsten. Die meisten Firmen sind gefangen im Prozesskarussell. Wer aktuell mehr Bikes verkaufen will, muss seine Produktion so effizient wie möglich aufstellen und die Kalkulation so spitz gestalten, dass einem die Bleistiftmine eigentlich im Spitzer schon abbricht.
Zeit für Liebhaberei. Für experimentelles Design. Zeit, sich selbst zu hinterfragen, bleibt dabei nicht. Das neue Alutech Pelmo ist das Ergebnis dessen, was passiert, wenn man sich diese Zeit nimmt.
Wirtschaftlich unvernünftig
Wie Jürgen Schlender die Konzeption des neuen Pelmo angegangen ist, spiegelt sich in seinen Worten auf der Eurobike wider:
Die Kalkulation ist beschissen. Eigentlich müsste ich 1.000 € mehr für das Bike verlangen.
7499 € will er für das komplette Bike haben. Wer die Schweißnähte so schick verschliffen haben will, dass man sie nicht mehr erkennt, zahlt gute 1000 € Aufpreis. Dafür klemmt sich Jürgen Schlender aber nicht nur zwei Tage hinter die Flex, sondern fügt die Einzelteile des Rahmens auch mit einer extra Schweißtechnik zusammen.
Die Erklärung, wie er die Schweißnaht doppelt brennt und beim ersten Mal besonders viel Hitze anliegen lässt, zeigt: Der Mann weiß, was er tut. 30 Jahre Erfahrung zahlen sich eben aus.
Das Alutech Pelmo - ein Kind der Zeit
Die Zeit, die Schlender in das Projekt Pelmo gesteckt hat, zahlt sich aber nicht nur im erstklassigen und wirklich einzigartigen Design aus. Auch die Details stimmen. Am Tretlager gibt es ein Staufach für Werkzeug und Ersatzschlauch. Der Hauptdrehpunkt des Rahmens wird von einer extra Alu-Hülse durch die Einflüsse einer schlagenden Kette geschützt. Und die Hinterbau-Kinematik lässt sich über einen Flip Chip über alle Rahmengrößen hinweg konstant halten. Die modische Zugverlegung durch den Steuersatz spart man sich außerdem.