Canyon Spectral CF Topmodel Test
Im Test des Canyon Spectral CF Collective haben wir das Gewicht des All Mountains kritisch hinterfragt. Canyon war daraufhin so frei und hat uns das deutlich leichtere Spectral CF LTD geschickt. Wie fährt sich das nobelste aller Spectral Modelle?




Was bringt das K.I.S.-System
Das Highlight am neuen Spectral-Rahmen ist definitiv das K.I.S-System, das an allen Modellen serienmäßig verbaut wird. Auf dieses Feature sind wir auch detailliert in unserem Video (siehe unten) eingegangen. Während unseres Tests ist auch schnell klar geworden, dass dieses Feature technikbegeisterte Biker interessiert.
Was kann jetzt das K.I.S.-System eigentlich?
So war die Standardfrage, die wir uns beim Test im Bikepark immer wieder gestellt wurde. Für die Antwort braucht man aber etwas Zeit.
Physikalisch und auch fahrtechnisch gibt es nämlich nicht den einen Aha-Effekt, den K.I.S. auslöst, aber dennoch viele kleine Geistesblitze, die man mit dem System erlebt, wenn man sich darauf einlässt.
Mountainbiken wird dann geil, wenn man sich mit seinem Gefährt in den Grenzbereich begibt. Gerade beim Bergabfahren ist das aber mit einem hohen Risiko verbunden. Ist das Bike in Schräglage und beginnt in offenen Kurven zu rutschen, sinkt die Kontrolle schlagartig.



Mehr Kontrolle, mehr Sicherheit
Als Biker versucht man oft intuitiv, mit einer Verstärkung der Lenkbewegung die Richtungsänderung herbeizuführen, die einem das Bike längst verwehrt. Das Problem bei der Sache: Im rutschenden Zustand fehlt jede Rückmeldung darüber, wie weit man schon eingelenkt hat.
Wo sich bei einem normalen Bike ohne Lenkungsstabilisierung das „leichte“ Gefühl am Vorderrad einstellt, gibt das K.I.S.-System ein klares Feedback, wie weit man schon eingelenkt hat. So bewahrt es einen vor dem klassischen Fehler, noch weiter einzulenken. Stattdessen gibt es den Impuls, den Lenker wieder gerade auszurichten, um die Kontrolle in solchen Grenzsituationen zurückzugewinnen.

Unterm Strich ist das System kein Gamechanger, macht das Spectral aber dennoch ein Stück weit zu einem besseren Bike. Das Gute ist: Die Entscheidungsfreiheit über das System liegt beim Kunden. Wer keine Lust auf dieses zusätzliche Gimmick hat, kann es einfach entfernen und das restliche Canyon Spectral CF ohne das K.I.S. System genießen. Denn auch am restlichen Bike hat sich im Vergleich zum Vorgänger einiges getan.

Fahrwerk - besser wird es nicht
Für das Fahrwerk des Topmodels hat Canyon alle Trümpfe ausgespielt. Die Factory Ausbaustufe ist das Ultimo aus dem Hause Fox. Daraus wurden die Federgabel mit 36 mm Standrohren und der Fox Float X Dämpfer ausgewählt. Nur auf einen Stahlfeder-Dämpfer wurde verzichtet.
Das Fahrwerk hat einen straffen Charakter, was bei größeren Schlägen von Vorteil ist, vor allem bei nicht so üppigen Federwegsreserven. In ruppigen Situationen bekommt man dadurch mehr das Gefühl von Sicherheit und direktes Feedback ohne ein zu schwammiges Ansprechverhalten. Diese Fahrwerks Eigenschaften machen sich an einem All Mountain besonders gut, um es auch mit weniger Federweg ordentlich krachen lassen zu können.
An Gabel und Dämpfer hat man jeweils die Möglichkeit zur Einstellung der Zugstufe und der Low-Speed-Druckstufe. Zusätzlich verfügt die Federgabel noch über die High-Speed-Druckstufeneinstellung. Bei einem Fahrergewicht von 70 kg kamen wir mit 70 psi in der Gabel und 140 psi im Dämpfer sehr gut zurecht.




Premium-Schaltung von SRAM
Mit dem Sram XX Transmission Schaltwerk haben sie erneut in die edelste Schublade gegriffen. Der neue Pod-Controller erinnert wieder mehr an die Haptik eines klassischen Schalthebels mit Seilzug. Dies verhindert ungewollte Schaltvorgänge, welche an der Wippe des normalen AXS-Antriebs bemängelt wurden. Mit der Schutzfunktion bei Schlägen auf das Schaltwerk und der direkten Montage ohne Schaltauge kann man sich zusätzliche Stunden in der Werkstatt sparen, es bleiben sogar nicht einmal mehr die Einstellschrauben. Auch das Schalten unter Last ist für die Transmission Generation kein Problem mehr. Die Transmission will keinen Stress machen.
Für das Verzögern wurde auf die Sram Code RSC zurückgegriffen. Mit Hilfe der 200mm Bremsscheiben ist es eine solide Bremse, die den nötigen Biss hat, dich zu jeder Zeit schlagartig zum Stehen zu bringen. Erst auf langen, alpinen Abfahrten wünscht man sich die etwas stärkere Sram Maven, da mit der Zeit bei längeren Bremsvorgängen die Bremskraft verloren geht. Für ein Trailbike ist die Code RSC jedoch vollkommen ausreichend.



Laufräder, Gewicht… wie klettert das LTD-Modell?
Die XMC 1200 Carbon Laufräder von DT SWISS sind mit unter 1500 Gramm ein echtes Leichtgewicht und machen sogar Highend Cross-Country Laufrädern Konkurrenz. Darauf wurden hinten und vorne Maxxis DHR II Reifen der Gummimischung MAXX Terra montiert. Um Gewicht zu sparen, wurde vorne nur auf den EXO Pannenschutz zurückgegriffen und hinten zur EXO+ Variante, welche z.B. gegenüber der Double Down Version immer noch ordentlich Gewicht spart.
Ohne Pedale wiegt das Canyon Spectral CF LTD 14,6 kg, das sind schon 1,2 kg weniger als das bereits getestete CF 8 CLLCTV für 3999€. Das ist ein sehr guter Wert. Dennoch gehört das Spectral nicht zu den absoluten Leichtgewichten der Trail-Kategorie. Hier setzt das Mondraker Raze die Benchmark.
Das Canyon ist kein Kletterwunder, aber die Laufräder im Topmodell sind ein guter Zugewinn im Vergleich zu den günstigeren Spectral Modellen. In Anbetracht der Downhill-Fähigkeiten klettert das Bike gut und es macht, dank der leichten Laufräder, auch auf flachen Trails Spaß. Damit ist es dem günstigeren Collective Modell deutlich überlegen.



Ein Downhill-Performer?
Alle Anbauteile harmonieren sehr gut mit dem Gedanken, ein All Mountain mit ordentlich Abfahrts-Potenzial zu bauen. Das spürt man auch auf dem Trail. Das Bike sorgt auch in Grenzsituationen für Zuversicht und das Gefühl von Sicherheit, die 10 mm weniger Federweg sind kaum ein Problem.
Mithilfe des Fahrwerks und des K.I.S-Systems ist es zudem sehr berechenbar und direkt. Das Spectral CF fühlt sich so gut wie überall wohl, da es nicht nur ein Ballermann ist, sondern auch sehr gut zu manövrieren. Der Hinterbau bietet gegen Ende eine angenehme Progression, so dass man auch an kleinen Geländekanten gut abziehen kann. Außerdem ist anzumerken, dass das Bike unheimlich leise ist, wenn ihr uns fragt, ein ziemlich cooles Feature. Es ist ein Bike zum Spaß haben.

Rahmendetails
Neben den reinen Fahreigenschaften hat das Canyon Spectral CF auch einige spannende Rahmendetails. So kann jeder Hinterbau auch auf die Nutzung von einem 27,5-Zoll-Hinterrad umgebaut werden. Das Staufach im Unterrohr gehört mittlerweile zum guten Ton in der Branche. Und die Entscheidung, die Züge nicht durch den Steuersatz zu führen, dürfte einige Biker freuen.








Das Line-up der CF-Reihe
Für 6999€ bekommt man das Topmodell, bei dem keine Wünsche offen gelassen wurden. Vollausstattung bekommt man bei den meisten Konkurrenten für diesen Preis noch lange nicht. Insgesamt gibt es 6 verschiedene Modelle. Zusätzlich ist der Einstieg in die Carbon-Baureihe mit dem CF 7 schon ab 3399€ möglich.
Die Mullet- und 29er-Versionen unterscheiden sich nur bei den Laufrädern und sind ansonsten identisch ausgestattet. Wer beim Gewicht keine Kompromisse machen will, sollte unbedingt auch einen Blick auf die Neuron-Modelle von Canyon werfen, welche tourenlastiger ausgestattet sind.
Wer das Canyon Spectral ONfly EMTB sucht, findet dazu einen ausführlichen Bericht auf unserem Schwesterportal emtb-test.com.
Alle Spectral CF mit 29er-Laufrädern
Die Mullet Spectral CFs

Pros
- Option auf 27,5 Zoll-Hinterrad
- gute Geo
- K.I.S.-System
- Service-freundlich
- Fahreigenschaften bergab
Cons
- kein absolutes Leichtgewicht
- kein Service vor Ort
- etwas wenig Federweg im Heck
Fazit zum Canyon Spectral CF
Das Canyon Spectral ist ein moderner Allrounder und bleibt ein Bike, mit dem man es bergab ordentlich krachen lassen kann. Das leichteste seiner Federwegsklasse ist es dafür aber nicht, dennoch solide am Berg. Mit dem K.I.S System und den abfahrtsorientierten Komponenten als Begleiter kommen die 140 mm im Heck erst im alpinen Gelände an das Ende der Komfortzone. Die Preise sind angesichts der Ausstattung für alle Modelle fair. Mit dem Spectral wurde ein gutes Zusammenspiel aus Tourentauglichkeit und Abfahrts-Performance gefunden.