Neuorientierung für Hardtails

Neues Canyon Exceed im Test

Canyon löst sich mit seinem Exceed Hardtail vom ultimativen Leichtbau. Statt Grammfuchserei konzentriert sich das für 2025 neu entwickelte Hardtail auf mehr Features für Abenteurer. Wildert das Exceed damit im Gravelbike-Segment?

Canyon Exceed-Test
Das Exceed war einst Canyons Flaggschiff für Racer. Die Neuauflage distanziert sich aber vom ultimativen Leichtbau.
Canyon Race-Hardtail
Canyon will mit einem robusten Rahmen das Abenteuer, das man mit diesem Bike erleben kann, in den Vordergrund stellen.
Carbon-Hardtail
Ist das neue Canyon Exceed damit das bessere Gravelbike oder entlarvt unser Test unentdecktes Potenzial?

Der Leichtbau gehörte über Jahrzehnte zur DNA von Canyon. Die Koblenzer haben sich lange über exzellente Stiffness to Weight Werte und Erfolge ihrer Racebikes im Marathon oder Cross Country Worldcup profiliert. Daran hat sich nichts geändert. Auch 2025 hat Canyon mit Luca Schwarzbauer und Jenny Rissveds ein schlagkräftiges Worldcup Team. Aber der Direktversender verabschiedet sich ein Stück weit vom Hardtail als ultimatives Performance Arbeitsgerät für Racer.

Denn während das alte Canyon Exceed noch mit einem Rahmengewicht von deutlich unter 900 Gramm auf das Thema Leichtbau setzt, will das neue Canyon Exceed mit über 1400 Gramm beim Rahmen von dieser Ausrichtung nicht mehr viel wissen. Die Argumentation dahinter: Racer fahren 2025 auf Fullys. Und dafür hat man mit dem Lux WC ein Messerscharfes 100 mm Racefully im Angebot. Mit einem Staufach im Unterrohr und einem stabilen Rahmen will man mit dem Exceed Hardtail dafür vermehrt Tourenfahrer und Abenteurer ansprechen.

Canyon Exceed Erfahrung
Hardtails haben nach wie vor eine große Fangemeinde. Rennen wie das aktuell laufende Cape Epic werden aber auf Fullys gewonnen.
Canyon Lux WC Fully
Mit dem Lux World Cup hat Canyon immer noch ein messerscharfes Racefully zum attraktiven Preis im Portfolio.

Hardtails erfinden sich derzeit neu

Mountainbike Hardtails waren über Jahrzehnte die meistverkauften Mountainbikes. Das gute Verhältnis aus Preis und Gewicht sowie ihr simpler technischer Aufbau boten eine riesige Schnittmenge für Mountainbiker. Einsteiger, Tourenfahrer, Alpenüberquerer, Racer. Alle wurden damit glücklich.

Aber mit immer extremeren Trails und besseren Fullys schmolz die Fanbase von Hardtails über die letzten Jahre ordentlich zusammen. Die einstigen Alleskönner wurden zuletzt primär über das Argument Preis verkauft. Auch wenn wir da anderer Meinung sind und uns immer noch intensiv mit dem Gewicht auseinandersetzen, hat dieses Thema in der Wahrnehmung an Bedeutung verloren. Und wer zuletzt ein robustes, sorgloses Bike haben wollte, der griff oft zum Gravelbike. Die Kombination aus geschwungenem Rennradlenker und leicht geländegängigen Reifen ist derzeit einfach hip.

Mit kleiner werdendem Kundenkreis beginnen aktuell viele Hersteller, ihre Hardtails neu zu denken. Rose nimmt mit seinem PDQ, mit 120 mm Federweg und Teleskopstütze, den Fahrspaß auf Trails verstärkt ins Visier. Liteville, Mondraker Chrono DC im Check und Merida gehen mit neuen Hardtails den selben Weg. Canyon entscheidet sich gegen den Trend und will mit dem neuen Exceed vor allem Abenteurer mit Lust auf Mehrtagestouren begeistern.

Canyon Exceed CF
Mit starrer Stütze und 100 mm Federweg an der Gabel richtet Canyon sein Exceed klassisch aus.
Rose PDQ
Rose ist mit dem PDQ mit 120 mm Federweg und Teleskopstütze ab Werk deutlich traillastiger unterwegs.
Cube Phoenix
Das Cube Phenix setzt voll auf Leichtbau und spricht damit vor allem Racer an.

Wenig Federweg, mehr Bikepacking

Mit seinen 100 mm Federweg und der starren Sattelstütze geht man bei Canyon in eine klassische Richtung. Anders als Cube mit seinem Phenix ordnet man das Thema Leichtbau aber den Transportmöglichkeiten für Gepäck unter.

Denn am Rahmen lassen sich drei Flaschenhalter montieren (zwei im Hauptrahmen, einer an der Unterseite des Unterrohrs). Im Unterrohr selbst ist ein Staufach, das Platz für Minitool, Ersatzschlauch und kleine Snacks bietet. Und eine formschlüssige große Rahmentasche gibt es sogar als Originalzubehör. An der starren Stütze lässt sich auch problemlos eine “Arschrakete” (sehr große Satteltasche) montieren. Bei Teleskopstützen ist das nicht ohne Weiteres möglich.

Canyon Bikepacking-Hardtail
Am Rahmen lassen sich drei Flaschenhalter montieren. Die passende Rahmentasche fürs Bikepacking gibt's bei Canyon im Webshop und die starre Stütze ermöglicht die Montage von großen Satteltaschen. Canyon setzt mit dem Exceed voll auf den Bikepacking-Trend.

11 Kilo - 4.000 €

Die Auslegung auf viel Stauraum erfordert natürlich auch seinen Tribut an anderen Stellen. Mit knapp unter 11 Kilo fällt unser Testbike bei einem Preis von 4000 € nicht leicht aus. Zum Vergleich: Das alte Exceed hatte bei vergleichbarem Preis 1,5-2 Kilo weniger auf den Speichen.

Aber an das ultra dünne und vor allem auch dünnwandige Oberrohr des alten Bikes wollte man auch keine Rahmentasche befestigen. Mit der stabileren Auslegung des Rahmens steigt auch das Gewicht mit 1400 Gramm ist man in etwa in der Region wie Roses PDQ Rahmen. Ein Alu Rahmen, wie der des Liteville H3, ist dagegen nochmals 400 Gramm schwerer.

Canyon Exceed Gewicht
Natürlich haben wir unser Testbike, das Canyon Exceed CF 8, an die Waage gehängt.
Canyon Exceed-Gewicht
Knapp unter 11 Kilo, ohne Pedale und mit tubeless montierten Reifen, bei einem Preis von 3.999 €.

Rahmendetails

Neben dem Staufach im Unterrohr, das den selben Verschluss wie das Canyon Lux Trail im Test nutzt, gibt es weitere nennenswerte Details am Rahmen. Der integrierte Lenkanschlagsbegrenzer im Steuersatz schützt das Oberrohr vor einem Defekt durch Brems- oder Schalthebel, sollte man stürzen oder das Bike umfallen. Der Hinterbau und das Unterrohr sind außerdem ab Werk mit Schutzaufklebern versehen.

Die integrierte Sattelklemme sorgt nicht nur für eine saubere Optik, sondern gibt der Sattelstütze aufgrund der tieferen Position auch etwas mehr Möglichkeiten zu flexen. Das erhöht den Sitzkomfort.

Canyon Exceed Stauraum
Das Staufach im Unterrohr hat eine große Öffnung, durch die man auch locker mal einen Ersatzschlauch schieben kann.
Canyon Exceed Staufach
Die passende "Tool Snake" Tasche für den Rahmen muss man extra zum Bike kaufen. Sie ist nicht im Lieferumfang enthalten.
Canyon Exceed Lenkanschlagbegrenzer
Der integrierte Lenkanschlagsbegrenzer schützt das Oberrohr vor Defekten im Falle eines Sturzes. Eine saubere Lösung.
Canyon Exceed Zugführung
Die verbleibende Bremsleitung für hinten taucht durch den Steuersatz in den Rahmen. Das sorgt für eine cleane Optik.
Canyon Exceed Sattelklemme
Die integrierte Sattelklemme sorgt für eine extravagante Optik und mehr Sitzkomfort. Eine Gummidichtlippe hält den Dreck davon ab, in den Rahmen zu laufen.
Canyon Exceed Sattelklemme
Allerdings will die Klemmkeilkonstruktion zur Sattelklemmung mit Gefühl angezogen werden. Wer hier ohne Drehmomentschlüssel rohe Gewalt anwendet, riskiert einen Defekt.

Das geschraubte BSA Tretlager erleichtert die Wartung. Dafür ist bei der Zugführung durch das Steuerrohr etwas mehr handwerkliches Geschick gefragt, wenn man hier eine Leitung durchführen will. An unserem Testbike verläuft ohnehin nur die Bremsleitung nach hinten.

Die Leitungen werden im Inneren des Rahmens durch einlaminierte Carbonführungen geleitet. Hier wurde sehr sauber gearbeitet. Mit Srams UDH Schaltauge bekommt man auch aktuelle Transmission Antriebe verbaut. Der Rahmen kann auch mit mechanischen Schaltungen gefahren werden.

Canyon Exceed Tretlager
Das geschraubte BSA-Tretlager ist für viele mittlerweile ein Kaufkriterium geworden.
Canyon Exceed Flaschenhalter
Der Rahmen kommt ab Werk mit üppigen Schonern für den Carbonrahmen. Unten am Unterrohr lässt sich ein dritter Flaschenhalter montieren.
Flat-Mount-Bremse
Am Heck setzt man auf den Flat-Mount-Standard zur Bremsmontage.
Canyon Exceed Zugführung
Die Leitungen werden im Inneren des Rahmens sauber mit Carbonführungen geleitet.

Angepasste Größen

Das alte Exceed Hardtail hatte ein fast waagerechtes Oberrohr. Das sorgte für einen optisch groß wirkenden Rahmen und auch eine faktisch hohe Überstandshöhe. Im neuen Exceed, fällt das Oberrohr wieder stärker ab, was vor allem dann angenehm spürbar ist, wenn man über dem Oberrohr mit beiden Füßen auf dem Boden im Gelände steht. Denn die Schrittfreiheit ist dadurch einfach größer.

Ansonsten leistet sich Canyon bei seinem Carbon Hardtail 5 Rahmengrößen von XS bis XL und deckt damit ein Größenspektrum von 156-202 cm ab. Unser Testbike hatte die Größe L und war für eine Körpergröße von 180 cm an der oberen Grenze der Größe. Canyons Werksempfehlung bei 180 cm fällt tatsächlich auf ein M Bike und so würden wir das auch unterschreiben.

Canyon Exceed-Test
Bei einer Körpergröße von 1,80 Metern waren wir mit einem Bike in Größe L unterwegs. Das ging gut, vermutlich hätte uns ein Bike in Größe M aber sogar besser gefallen. Das Exceed fällt tendenziell groß aus.

Fahreigenschaften im Gelände

Bei Hardtails wird häufig der Sitzkomfort, der über den Flex in der Sattelstütze kommt, in den Mittelpunkt gerückt. In der Wahrnehmung in der Praxis ist dieser aber nicht von der Dämpfung des üppigen 2,35 Maxxis Reifens zu differenzieren. Woher der Komfort auch kommt, sei dahingestellt. Auf alle Fälle ist das neue Exceed kein knallharter Sparringspartner alter Schule, sondern vermittelt sowohl im Sitzen wie auch im Stehen ein angenehmes Fahrgefühl.

Canyons blattfederartige Carbon-Sattelstütze verstärkt dieses Gefühl mit Sicherheit, kommt tatsächlich aber nur beim Topmodell für 5000 € zum Einsatz. Auch die Carbon-Lenker-Vorbau-Einheit ist dem Topmodell vorbehalten. Beim Exceed CF 8 profitiert man dafür schon von Srams neuer Eagle Transmission Schaltung, welche unter Last perfekt funktioniert. Außerdem lassen die hochwertigen Carbon-Laufräder mit ihrer geringen rotierenden Masse trotz relativ hohem Gesamtgewicht ein Gefühl der Leichtigkeit beim Antritt aufkommen.

Canyon Exceed Erfahrungen
Hardtails, die einen lieben sie, die anderen hassen sie. Wir gehören zu denjenigen.
Canyon Exceed Reifenfreiheit
Das Exceed hat eine üppige Reifenfreiheit. Und die dicken 2,4er Schlappen, die ab Werk montiert sind, sorgen für ein komfortables Fahrgefühl.
Canyon Exceed UDH-Schaltauge
Der UDH-Schaltaugenstandard macht die Montage von Srams Transmission-Schaltungen möglich.
Sram S1000 T-Type Schaltung
Am Testbike Canyon Exceed CF 8 ist eine SRAM GX Eagle T-Type Schaltgruppe mit einem S1000 Schaltwerk kombiniert. Die Komponenten haben den jüngsten Stand der Technik, stammen aber nicht ganz oben aus dem Regal.
DT Swiss Carbon-Laufräder
Die XRC-Felgen von DT Swiss sind aus Carbon und haben eine 30er Maulweite. Beides ist derzeit in dieser Preisklasse Standard.

Trailsüchtlinge aufgepasst: Stütze und Bremsen bieten Tuning-Potential

Während man auf Schotter oder leichten Waldwegen zügig und komfortabel unterwegs ist, zeigt sich im wirklichen Gelände auch eine Schwachstelle. Denn biegt man in den Singletrail ab, versucht man als Biker mittlerweile intuitiv mit dem linken Daumen den Sattel zu versenken. Doch der Daumen greift ins Leere. Selbst auf leichten Trails schränkt einem der hohe Sattel spürbar in der Bewegungsfreiheit auf dem Bike ein.

Als geübter Fahrer gewöhnt man sich rasch an diese Gegebenheit, aber der Fahrspaß und auch die Fahrsicherheit leiden unter der fehlenden Teleskopstütze. Außerdem sind die Sram Level Bremsen mit ihren schmächtigen Bremszangen mit zwei Kolben keine Kraftprotze. Bei sportlicher Fahrweise im Gelände oder wenn man daran denkt, dass man dieses Rad für Mehrtagestouren mit üppigem Gepäck bestückt, wünscht man sich etwas mehr Power beim Verzögern.

Die gute Nachricht. All das kann behoben werden. Der Rahmen ist für die Zugverlegung einer Sattelstütze vorbereitet. Und auf den günstigeren Modellen für 1999 – 2999 € kommen auch stärkere Shimano Bremsen zum Einsatz. Außerdem ist der Rahmen auch für eine 120er Gabel freigegeben. Man kann das Bike also auch anders aufbauen.

Canyon Exceed Erfahrung
Der hohe Sattel fordert in der Abfahrt etwas die Skills des Fahrers, denn man kann sich nicht zu 100 % frei auf dem Bike bewegen.
Sram Level Bremse
Srams Level-Bremsen sind auch mit der 180er Scheibe keine Wurfanker.
Vorbau
Alle Exceed Bikes haben in allen Rahmengrößen immer einen 70-mm-Vorbau montiert. Das Handling mit diesem Cockpit war on point.
RockShox SID Gabel
Nur 100 mm und dünne 32 mm Standrohre. Mit der Rock Shox SID SL entscheidet man sich für den klassischen Weg bei der Federgabel.
Twistloc RockShox
Über den Drehgriff kann man die Gabel vom Lenker aus blockieren.

Das neue Canyon Exceed Line-up

Wir hatten mit dem CF 8 das zweitteuerste Modell des Bikes im Test. Wer auf Preis und Gewicht schielt, merkt schnell, dass vor allem das CF 6 und das CF 7 Modell in diesen Punkten deutlich attraktiver sind, denn obwohl sie mit 2499 bzw. 2999€ günstiger ausfallen, spielen sie in der selben Gewichtsklasse. Das Exceed CF 5 steht ausstattungstechnisch fast schon mit dem Grand Canyon Topmodell mit Alu-Rahmen in Konkurrenz.

Pro:

  • schöner, eigenständiger Rahmen
  • Staufach im Unterrohr
  • Top-Geometrie

Contra:

  • keine Teleskopstütze
  • relativ schwer
Canyon Exceed Fazit

Fazit zum neuen Canyon Exceed Carbon Hardtail

Das neue Canyon Exceed ist kein ultimatives Racebike mehr. Es kann den Renneinsatz ab, schielt mit seinem Staufach und den Möglichkeiten Gepäck zu montieren, aber eher auf den Bikepacking-Einsatz. Das Gewicht ist höher als das des Vorgängers, liegt für den Toureneinsatz aber im grünen Bereich. Rahmendetails, Geometrie und Fahreigenschaften sind gelungen. Nur eine Teleskopstütze sollte in unseren Augen 2025 Teil der Werksausstattung sein.

Über den Autor

Ludwig Döhl

... hat mehr als 100.000 Kilometer im Sattel von über 1000 unterschiedlichen Mountainbikes verbracht. Die Quintessenz aus vielen Stunden auf dem Trail: Mountainbikes sind geil, wenn sie zu den persönlichen Vorlieben passen! Mit dieser Erkenntnis hat er bike-test.com gegründet, um Bikern zu helfen, ein ganz persönliches Traumbike zu finden.

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