Neues Canyon Exceed im Test
Canyon löst sich mit seinem Exceed Hardtail vom ultimativen Leichtbau. Statt Grammfuchserei konzentriert sich das für 2025 neu entwickelte Hardtail auf mehr Features für Abenteurer. Wildert das Exceed damit im Gravelbike-Segment?





Hardtails erfinden sich derzeit neu
Mountainbike Hardtails waren über Jahrzehnte die meistverkauften Mountainbikes. Das gute Verhältnis aus Preis und Gewicht sowie ihr simpler technischer Aufbau boten eine riesige Schnittmenge für Mountainbiker. Einsteiger, Tourenfahrer, Alpenüberquerer, Racer. Alle wurden damit glücklich.
Aber mit immer extremeren Trails und besseren Fullys schmolz die Fanbase von Hardtails über die letzten Jahre ordentlich zusammen. Die einstigen Alleskönner wurden zuletzt primär über das Argument Preis verkauft. Auch wenn wir da anderer Meinung sind und uns immer noch intensiv mit dem Gewicht auseinandersetzen, hat dieses Thema in der Wahrnehmung an Bedeutung verloren. Und wer zuletzt ein robustes, sorgloses Bike haben wollte, der griff oft zum Gravelbike. Die Kombination aus geschwungenem Rennradlenker und leicht geländegängigen Reifen ist derzeit einfach hip.
Mit kleiner werdendem Kundenkreis beginnen aktuell viele Hersteller, ihre Hardtails neu zu denken. Rose nimmt mit seinem PDQ, mit 120 mm Federweg und Teleskopstütze, den Fahrspaß auf Trails verstärkt ins Visier. Liteville, Mondraker Chrono DC im Check und Merida gehen mit neuen Hardtails den selben Weg. Canyon entscheidet sich gegen den Trend und will mit dem neuen Exceed vor allem Abenteurer mit Lust auf Mehrtagestouren begeistern.



Wenig Federweg, mehr Bikepacking
Mit seinen 100 mm Federweg und der starren Sattelstütze geht man bei Canyon in eine klassische Richtung. Anders als Cube mit seinem Phenix ordnet man das Thema Leichtbau aber den Transportmöglichkeiten für Gepäck unter.
Denn am Rahmen lassen sich drei Flaschenhalter montieren (zwei im Hauptrahmen, einer an der Unterseite des Unterrohrs). Im Unterrohr selbst ist ein Staufach, das Platz für Minitool, Ersatzschlauch und kleine Snacks bietet. Und eine formschlüssige große Rahmentasche gibt es sogar als Originalzubehör. An der starren Stütze lässt sich auch problemlos eine “Arschrakete” (sehr große Satteltasche) montieren. Bei Teleskopstützen ist das nicht ohne Weiteres möglich.

11 Kilo - 4.000 €
Die Auslegung auf viel Stauraum erfordert natürlich auch seinen Tribut an anderen Stellen. Mit knapp unter 11 Kilo fällt unser Testbike bei einem Preis von 4000 € nicht leicht aus. Zum Vergleich: Das alte Exceed hatte bei vergleichbarem Preis 1,5-2 Kilo weniger auf den Speichen.
Aber an das ultra dünne und vor allem auch dünnwandige Oberrohr des alten Bikes wollte man auch keine Rahmentasche befestigen. Mit der stabileren Auslegung des Rahmens steigt auch das Gewicht mit 1400 Gramm ist man in etwa in der Region wie Roses PDQ Rahmen. Ein Alu Rahmen, wie der des Liteville H3, ist dagegen nochmals 400 Gramm schwerer.


Rahmendetails
Neben dem Staufach im Unterrohr, das den selben Verschluss wie das Canyon Lux Trail im Test nutzt, gibt es weitere nennenswerte Details am Rahmen. Der integrierte Lenkanschlagsbegrenzer im Steuersatz schützt das Oberrohr vor einem Defekt durch Brems- oder Schalthebel, sollte man stürzen oder das Bike umfallen. Der Hinterbau und das Unterrohr sind außerdem ab Werk mit Schutzaufklebern versehen.
Die integrierte Sattelklemme sorgt nicht nur für eine saubere Optik, sondern gibt der Sattelstütze aufgrund der tieferen Position auch etwas mehr Möglichkeiten zu flexen. Das erhöht den Sitzkomfort.






Das geschraubte BSA Tretlager erleichtert die Wartung. Dafür ist bei der Zugführung durch das Steuerrohr etwas mehr handwerkliches Geschick gefragt, wenn man hier eine Leitung durchführen will. An unserem Testbike verläuft ohnehin nur die Bremsleitung nach hinten.
Die Leitungen werden im Inneren des Rahmens durch einlaminierte Carbonführungen geleitet. Hier wurde sehr sauber gearbeitet. Mit Srams UDH Schaltauge bekommt man auch aktuelle Transmission Antriebe verbaut. Der Rahmen kann auch mit mechanischen Schaltungen gefahren werden.




Angepasste Größen
Das alte Exceed Hardtail hatte ein fast waagerechtes Oberrohr. Das sorgte für einen optisch groß wirkenden Rahmen und auch eine faktisch hohe Überstandshöhe. Im neuen Exceed, fällt das Oberrohr wieder stärker ab, was vor allem dann angenehm spürbar ist, wenn man über dem Oberrohr mit beiden Füßen auf dem Boden im Gelände steht. Denn die Schrittfreiheit ist dadurch einfach größer.
Ansonsten leistet sich Canyon bei seinem Carbon Hardtail 5 Rahmengrößen von XS bis XL und deckt damit ein Größenspektrum von 156-202 cm ab. Unser Testbike hatte die Größe L und war für eine Körpergröße von 180 cm an der oberen Grenze der Größe. Canyons Werksempfehlung bei 180 cm fällt tatsächlich auf ein M Bike und so würden wir das auch unterschreiben.

Fahreigenschaften im Gelände
Bei Hardtails wird häufig der Sitzkomfort, der über den Flex in der Sattelstütze kommt, in den Mittelpunkt gerückt. In der Wahrnehmung in der Praxis ist dieser aber nicht von der Dämpfung des üppigen 2,35 Maxxis Reifens zu differenzieren. Woher der Komfort auch kommt, sei dahingestellt. Auf alle Fälle ist das neue Exceed kein knallharter Sparringspartner alter Schule, sondern vermittelt sowohl im Sitzen wie auch im Stehen ein angenehmes Fahrgefühl.
Canyons blattfederartige Carbon-Sattelstütze verstärkt dieses Gefühl mit Sicherheit, kommt tatsächlich aber nur beim Topmodell für 5000 € zum Einsatz. Auch die Carbon-Lenker-Vorbau-Einheit ist dem Topmodell vorbehalten. Beim Exceed CF 8 profitiert man dafür schon von Srams neuer Eagle Transmission Schaltung, welche unter Last perfekt funktioniert. Außerdem lassen die hochwertigen Carbon-Laufräder mit ihrer geringen rotierenden Masse trotz relativ hohem Gesamtgewicht ein Gefühl der Leichtigkeit beim Antritt aufkommen.





Trailsüchtlinge aufgepasst: Stütze und Bremsen bieten Tuning-Potential
Während man auf Schotter oder leichten Waldwegen zügig und komfortabel unterwegs ist, zeigt sich im wirklichen Gelände auch eine Schwachstelle. Denn biegt man in den Singletrail ab, versucht man als Biker mittlerweile intuitiv mit dem linken Daumen den Sattel zu versenken. Doch der Daumen greift ins Leere. Selbst auf leichten Trails schränkt einem der hohe Sattel spürbar in der Bewegungsfreiheit auf dem Bike ein.
Als geübter Fahrer gewöhnt man sich rasch an diese Gegebenheit, aber der Fahrspaß und auch die Fahrsicherheit leiden unter der fehlenden Teleskopstütze. Außerdem sind die Sram Level Bremsen mit ihren schmächtigen Bremszangen mit zwei Kolben keine Kraftprotze. Bei sportlicher Fahrweise im Gelände oder wenn man daran denkt, dass man dieses Rad für Mehrtagestouren mit üppigem Gepäck bestückt, wünscht man sich etwas mehr Power beim Verzögern.
Die gute Nachricht. All das kann behoben werden. Der Rahmen ist für die Zugverlegung einer Sattelstütze vorbereitet. Und auf den günstigeren Modellen für 1999 – 2999 € kommen auch stärkere Shimano Bremsen zum Einsatz. Außerdem ist der Rahmen auch für eine 120er Gabel freigegeben. Man kann das Bike also auch anders aufbauen.





Das neue Canyon Exceed Line-up
Wir hatten mit dem CF 8 das zweitteuerste Modell des Bikes im Test. Wer auf Preis und Gewicht schielt, merkt schnell, dass vor allem das CF 6 und das CF 7 Modell in diesen Punkten deutlich attraktiver sind, denn obwohl sie mit 2499 bzw. 2999€ günstiger ausfallen, spielen sie in der selben Gewichtsklasse. Das Exceed CF 5 steht ausstattungstechnisch fast schon mit dem Grand Canyon Topmodell mit Alu-Rahmen in Konkurrenz.
Pro:
- schöner, eigenständiger Rahmen
- Staufach im Unterrohr
- Top-Geometrie
Contra:
- keine Teleskopstütze
- relativ schwer

Fazit zum neuen Canyon Exceed Carbon Hardtail
Das neue Canyon Exceed ist kein ultimatives Racebike mehr. Es kann den Renneinsatz ab, schielt mit seinem Staufach und den Möglichkeiten Gepäck zu montieren, aber eher auf den Bikepacking-Einsatz. Das Gewicht ist höher als das des Vorgängers, liegt für den Toureneinsatz aber im grünen Bereich. Rahmendetails, Geometrie und Fahreigenschaften sind gelungen. Nur eine Teleskopstütze sollte in unseren Augen 2025 Teil der Werksausstattung sein.