The Frame Hardtail von Bike Ahead Composites im Test
Der Großteil der Fahrradindustrie setzt auf die Fertigung in Asien. Bike Ahead Composites schlägt einen anderen Weg ein. Mit dem in Europa gefertigten Hardtail-Rahmen „The Frame“ will das Unternehmen nicht nur ultraleicht bauen, sondern auch beweisen, dass europäische Fertigung in puncto Qualität und Wirtschaftlichkeit mit Fernost mithalten kann – oder sie sogar übertrifft?




Erste Liga: Das Rahmengewicht
Beim Blick auf das Gewicht setzt „The Frame“ ein Statement. Wir haben das Bike komplett gestripped und den Rahmen auf die Waage gestellt. Der nackte Rahmen in Größe L wiegt gerade einmal 820 Gramm – ein Wert, den selbst viele Race-orientierte Rahmen nicht erreichen.
Scotts Scale RC Rahmen liegt beim Gewicht in derselben Liga, ist aber etwas schwerer. Canyons kürzlich vorgestelltes Exceed-Hardtail oder auch der Rahmen des Rose PDQ bringen ca. 1400 Gramm auf die Waage. Meridas Big Nine knackt die 900-Gramm-Marke, kommt aber auch nicht an diesen Wert heran. In Sachen Leichtbau liefert der Rahmen das, was man von Bike Ahead Composites erwartet. Trotz Leichtbau geht die Gewichtsfreigabe des Bikes bis 105 Kilo.


Komplettgewicht - leicht, trotz modernem Ansatz
Komplett aufgebaut kommt das Bike auf 9,5 Kilogramm, inklusive Teleskopstütze und 120-mm-Federgabel. Zum Vergleich: Das Rose PDQ wiegt bei vergleichbarem Preis und Eckdaten 500 Gramm mehr.
Canyons Exceed bringt in der 4000 € Version mit 100 mm Federweg und ohne Teleskopstütze sogar 1,5 Kilo mehr auf die Waage. Das Cube Phenix spielt in derselben Gewichts- und Preisklasse, hat aber auch nur 100 mm Federweg und mit dem Sattelstützenmaß von 27,2 mm auch schlechte Voraussetzungen zum Nachrüsten einer Teleskopstütze.
In der endgültigen Ausbaustufe in Sachen Leichtbau, schafft es das Bike Ahead Bike sogar auf 8 Kilo. Hier ist also nochmal Potenzial gegenüber unserem Testbike, aber uns war die bezahlbare Version mit breitem Einsatzbereich lieber als das messerscharfe Leichtbaubike.






Ausstattung - Durchdacht statt protzig
Die Ausstattung des Komplettbikes wirkt bodenständig und funktional. Die Kombination aus SRAM GX Eagle Transmission, Fox Rhythm-Gabel, Shimano XT-Bremsen und Bike Ahead Carbon-Komponenten liefert eine zuverlässige Performance, ohne in der Tuning-Szene große Wellen zu schlagen. Aber genau das macht sie sympathisch – praxistauglich, langlebig, modern. Für 4.999 € rollt das Bike auf DT Swiss Alu-Laufrädern.




In unserem Testbike waren Bike Ahead Composites Three Zero Laufräder verbaut. Dieses Upgrade kostet 1699 €, ist aber ein Highlight. Denn die Laufräder sind mit knapp unter 1400 Gramm bei einer Maulweite von 30 mm superleicht.



Unser Laufradsatz hatte Stahlspeichen. Mit Pi Rope Speichen gibt es die Laufräder sogar nochmal gute 300 Gramm leichter.
Das auffällige Save-Wing-Profil der Felge, bei dem das Felgenhorn rund nach außen abfällt, macht sich trotz voluminöser Optik nicht übermäßig beim Gewicht bemerkbar. Sollte man den Reifen mal durchschlagen, verteilt sich der Druck an der Stelle des Durchschlags auf eine größere Fläche, und das Risiko eines Plattens wird reduziert.


Fahrgefühl - Bergauf wie beflügelt
Im Anstieg spielt das Hardtail seine Trümpfe aus. Das geringe Gewicht sorgt für ein beinahe schwereloses Fahrgefühl, das süchtig machen kann – leichtfüßig, effizient, direkt. Auch im welligen Gelände brilliert das Bike mit spritzigem Antritt und einem agilen Handling. Die hauseigenen Carbonlaufräder tragen mit unter 1400 Gramm (optional sogar 300 Gramm leichter mit Pi Rope Speichen) zum lebendigen Charakter bei.
Bei all der Euphorie, die der Leichtbau im Anstieg entfacht, verlangt das niedrige Rahmengewicht im Praxistest aber auch seinen Tribut. Der Rahmen ist nicht der steifste Hardtail-Rahmen. In Kombination mit dem leichten Lenker, der ebenfalls von Bike Ahead Composites kommt, ist vor allem im Wiegetritt oder bei anspruchsvollen Fahrmanövern auf hartem Untergrund etwas Flex zu spüren. Bei einem Fahrergewicht von 75 Kilo ließ sich das Bike im Gelände aber jederzeit präzise steuern.

Trail-Tauglichkeit - Leicht, aber nicht nur für den Uphill
Trotz Fokus auf Leichtbau wurde an der Trail-Performance nicht gespart. Die moderne Geometrie mit einem Lenkwinkel von 67,3° und kurzen 430 mm Kettenstreben sorgt für Fahrspaß auf leichten bis mittelschweren Trails. 180er Bremsscheiben, 120-mm-Federgabel und Teleskopstütze erweitern das Einsatzgebiet deutlich über klassische XC-Pfade hinaus.
Die Reifen haben auf den breiten Felgen ein hohes Volumen, was für Grip und Fahrkomfort sorgt. Der kurze 50er Vorbau macht das Handling super direkt. Sportliche Fahrer werden für eine etwas effizientere Sitzposition aber mit Sicherheit einen 60er, 70er oder 80 mm Vorbau verbauen.



Verarbeitung und Features
Die Oberfläche des Rahmens ist eine optische und technische Glanzleistung. Dank transparenter Versiegelung statt Lack ist jeder Carbonlayer sichtbar – und makellos. Keine Falten, keine Spachtelmasse, kein Makel. Der Rahmen wird in einem Monocoque-Verfahren im Autoklaven in Portugal gefertigt und anschließend acht Stunden in Deutschland veredelt – das sieht man.
Ein paar Features fallen aufgrund des Leichtbaus allerdings hinten runter. So kommt der Rahmen ohne Lenkanschlagsbegrenzer. Stützt man, kann das Oberrohr durch die Schalthebel Schaden nehmen. Die Zugführung durch den Rahmen bietet nur zwei Einlässe.
Wer eine mechanische Teleskop-Sattelstütze fahren will, muss auf eine Funk-Schaltung setzen oder anders herum. Und viele Mechaniker wünschen sich anstelle des Pressfit-Lagers eher eine geschraubte BSA-Version. Wobei der Pressfit-Standard mit Blick auf den Leichtbau in einer ganzheitlichen Betrachtung immer noch die beste Wahl ist.



Nachhaltigkeit & Vision - Fertigung zurück nach Europa
Bike Ahead Composites kooperiert mit Carbonteam im portugiesischen „Bike Valley“, um High-End-Produktion nach Europa zurückzuholen. Mit 2000 € für den Rahmen liegt der Preis erstaunlich fair, wenn man die aufwendige Fertigung, das höhere Lohnniveau berücksichtigt.
Dank kurzer Transportwege können Bestellungen seitens der Hersteller auch zielgenauer in kleineren Mengen erfolgen. Das senkt unterm Strich das Risiko, auf Ware sitzenzubleiben, und drückt aus wirtschaftlicher Sicht den Preis sogar nach unten.
Zum Vergleich: Bei Specialized bekommt man für 1500 € einen Chisel-Alu-Rahmen. Für einen Epic-Rahmen liegt man über 3000 € hin. Und die Amis fertigen ihre Produkte nicht in der EU.

Pro
- Extrem leicht (820 g Rahmen, 9,5 kg Gesamtgewicht)
- Top-Verarbeitung und sichtbare Fertigungsqualität
- Trail-taugliche Geometrie trotz Race-Gewicht
- Faire Preisgestaltung für europäische Fertigung
- Erweiterter Einsatzbereich durch Teleskopstütze und große Bremsscheiben
Contra
- Spürbarer Flex bei hoher Belastung
- Kein Lenkeinschlagschutz serienmäßig
- Eingeschränkte Zugverlegung (Funk notwendig)
- Sitzposition für Racer nur mit längerem Vorbau optimal.

Fazit: Ein Hardtail mit Haltung
Mit „The Frame“ liefert Bike Ahead Composites nicht nur ein beeindruckendes Stück Ingenieurskunst, sondern auch ein klares Statement: High-End-Produktion in Europa ist möglich – leicht, präzise und sogar wettbewerbsfähig beim Preis.
Das Hardtail begeistert mit Fahrfreude, Verarbeitung und einem mutigen Konzept, das sich vom Mainstream abhebt. Kleine Schwächen sind dem radikalen Leichtbau geschuldet – und für viele sicher verschmerzbar. Wer ein außergewöhnliches Bike sucht, das nicht nur performt, sondern auch eine Idee transportiert, sollte hier unbedingt einen Blick riskieren.