Leichtbau trifft Vision

The Frame Hardtail von Bike Ahead Composites im Test

Der Großteil der Fahrradindustrie setzt auf die Fertigung in Asien. Bike Ahead Composites schlägt einen anderen Weg ein. Mit dem in Europa gefertigten Hardtail-Rahmen „The Frame“ will das Unternehmen nicht nur ultraleicht bauen, sondern auch beweisen, dass europäische Fertigung in puncto Qualität und Wirtschaftlichkeit mit Fernost mithalten kann – oder sie sogar übertrifft?

Youtube Video

“Nichts schmeckt so gut, wie es sich anfühlt, leicht zu sein.” So hat das Topmodel Kate Moss einmal formuliert. Wir wollen niemanden in die Magersucht stürzen, aber für Mountainbikes gilt in gewissen Situationen dasselbe. Nichts kann einen mit einem vortriebsorientierten Bike mehr begeistern, wie das Gefühl der Leichtigkeit.

Wir testen jede Menge Bikes, aber unter 10 Kilo haben nur die allerwenigsten. Bevor wir auf die Details eingehen, können wir bereits eine Kernaussage dieses Tests verraten: Das geringe Gewicht fühlt sich im Anstieg einfach genial an. Ich würde sogar so weit gehen: Das leichtfüßige Fahrgefühl im Anstieg oder welligem Gelände hat Suchtpotenzial.

Der Fakt, dass der Bike Ahead “The Frame” Rahmen zu 100 % in Europa gefertigt wird und günstiger ist als vergleichbare Produkte von Specialized, Trek oder Scott, macht das Bike zudem interessant.

Bike Ahead Composites The Frame Test
Purismus kann so schön sein. Das Bike Ahead The Frame Hardtail präsentiert sich als 9,5-Kilo-Ästhet.
Carbon Team Portugal
Der Rahmen wird in Portugal vom Carbonteam gebacken. Das Know-how kommt von Bike Ahead Composites aus Würzburg, wo der Rahmen auch seine Endbehandlung erfährt.
The Frame Test
Die große Frage, die sich in unserem Test stellt: Drückt einem der Leichtbau zu viele Kompromisse im Gelände rein, oder fährt das Hardtail geil?

Erste Liga: Das Rahmengewicht

Beim Blick auf das Gewicht setzt „The Frame“ ein Statement. Wir haben das Bike komplett gestripped und den Rahmen auf die Waage gestellt. Der nackte Rahmen in Größe L wiegt gerade einmal 820 Gramm – ein Wert, den selbst viele Race-orientierte Rahmen nicht erreichen.

Scotts Scale RC Rahmen liegt beim Gewicht in derselben Liga, ist aber etwas schwerer. Canyons kürzlich vorgestelltes Exceed-Hardtail oder auch der Rahmen des Rose PDQ bringen ca. 1400 Gramm auf die Waage. Meridas Big Nine knackt die 900-Gramm-Marke, kommt aber auch nicht an diesen Wert heran. In Sachen Leichtbau liefert der Rahmen das, was man von Bike Ahead Composites erwartet. Trotz Leichtbau geht die Gewichtsfreigabe des Bikes bis 105 Kilo.

Rahmengewicht Bike Ahead Composites The Frame
Wir haben das komplette Bike zerlegt, um das Rahmengewicht auf unserer Waage zu ermitteln.
Rahmengewicht Bike Ahead Composites The Frame
Mit 819 Gramm spielt der Rahmen in Größe L in der ersten Leichtbau-Liga.

Komplettgewicht - leicht, trotz modernem Ansatz

Komplett aufgebaut kommt das Bike auf 9,5 Kilogramm, inklusive Teleskopstütze und 120-mm-Federgabel. Zum Vergleich: Das Rose PDQ wiegt bei vergleichbarem Preis und Eckdaten 500 Gramm mehr.

Canyons Exceed bringt in der 4000 € Version mit 100 mm Federweg und ohne Teleskopstütze sogar 1,5 Kilo mehr auf die Waage. Das Cube Phenix spielt in derselben Gewichts- und Preisklasse, hat aber auch nur 100 mm Federweg und mit dem Sattelstützenmaß von 27,2 mm auch schlechte Voraussetzungen zum Nachrüsten einer Teleskopstütze.

In der endgültigen Ausbaustufe in Sachen Leichtbau, schafft es das Bike Ahead Bike sogar auf 8 Kilo. Hier ist also nochmal Potenzial gegenüber unserem Testbike, aber uns war die bezahlbare Version mit breitem Einsatzbereich lieber als das messerscharfe Leichtbaubike.

Bike Ahead Composites The Frame Gewicht
Auch das Komplettbike haben wir in Größe L, ohne Pedale, an unsere Waage gehängt.
Bike Ahead Composites The Frame Gewicht
Mit 9,5 Kilo markiert das Bike hier einen erstaunlichen Wert. Vor allem, weil die Ausstattung nicht auf Leichtbau getrimmt ist.
Rose PDQ
Roses PDQ 4 ist bei vergleichbarem Preis 500 Gramm schwerer.
Cube Phoenix
Cubes Phenix ist mit knapp über 9 Kilo minimal leichter, hat aber auch keine Teleskopstütze.
Scott Scale RC
Mit 8,9 Kilo ist das Topmodell des Scott Scales noch mal leichter. Es kostet aber auch mehr als doppelt so viel, hat nur 100 mm Federweg und keine Teleskopstütze.
Canyon Exceed
Canyons neues Exceed wiegt in der 4000-€-Version sogar 11 Kilo ohne Teleskopstütze.

Ausstattung - Durchdacht statt protzig

Die Ausstattung des Komplettbikes wirkt bodenständig und funktional. Die Kombination aus SRAM GX Eagle Transmission, Fox Rhythm-Gabel, Shimano XT-Bremsen und Bike Ahead Carbon-Komponenten liefert eine zuverlässige Performance, ohne in der Tuning-Szene große Wellen zu schlagen. Aber genau das macht sie sympathisch – praxistauglich, langlebig, modern. Für 4.999 € rollt das Bike auf DT Swiss Alu-Laufrädern.

Sram Eagle Transmission
Mit Srams Eagle Transmission-Funkschaltung setzt man auf den aktuellen Standard, greift aber nicht ganz oben ins Regal.
Shimano XT-Bremse
Shimanos XT-Bremse ist hinten wie vorn mit einer 180er-Bremsscheibe kombiniert. Im Hinblick auf Power gibt es hier nichts zu meckern.
Lockout-Federgabel
Unser Testbike hatte keinen Lenker-Lockout. Wer die Gabel straffen will, muss an den Gabelholm fassen.
Carbonlenker
Der Carbonlenker kommt ebenfalls von bike Ahead Composites. Die Würzburger können mit Rahmen, Lenker, Sattelstütze und Laufrädern fast ein komplettes Bike fertigen.

In unserem Testbike waren Bike Ahead Composites Three Zero Laufräder verbaut. Dieses Upgrade kostet 1699 €, ist aber ein Highlight. Denn die Laufräder sind mit knapp unter 1400 Gramm bei einer Maulweite von 30 mm superleicht.

Bike Ahead Composites Three Zero Laufräder
Natürlich haben wir auch die Three Zero Laufräder einzeln auf die Waage gestellt.
Bike Ahead Composites Three Zero Laufräder Gewicht
652 Gramm wiegt das Vorderrad.
Bike Ahead Composites Three Zero Laufräder Gewicht
Der Laufradsatz insgesamt kommt auf 1.390 Gramm.

Unser Laufradsatz hatte Stahlspeichen. Mit Pi Rope Speichen gibt es die Laufräder sogar nochmal gute 300 Gramm leichter.

Das auffällige Save-Wing-Profil der Felge, bei dem das Felgenhorn rund nach außen abfällt, macht sich trotz voluminöser Optik nicht übermäßig beim Gewicht bemerkbar. Sollte man den Reifen mal durchschlagen, verteilt sich der Druck an der Stelle des Durchschlags auf eine größere Fläche, und das Risiko eines Plattens wird reduziert.

Save Wing-Felge
Die abfallenden Flanken am Horn bezeichnet Bike Ahead Composites als Safe Wing Profil.
Save Wing-Felge
Schlägt der Reifen beim Fahren hier durch, verteilt sich der Druck auf eine größere Fläche. So wird das Risiko eines Plattens minimiert.

Fahrgefühl - Bergauf wie beflügelt

Im Anstieg spielt das Hardtail seine Trümpfe aus. Das geringe Gewicht sorgt für ein beinahe schwereloses Fahrgefühl, das süchtig machen kann – leichtfüßig, effizient, direkt. Auch im welligen Gelände brilliert das Bike mit spritzigem Antritt und einem agilen Handling. Die hauseigenen Carbonlaufräder tragen mit unter 1400 Gramm (optional sogar 300 Gramm leichter mit Pi Rope Speichen) zum lebendigen Charakter bei.

Bei all der Euphorie, die der Leichtbau im Anstieg entfacht, verlangt das niedrige Rahmengewicht im Praxistest aber auch seinen Tribut. Der Rahmen ist nicht der steifste Hardtail-Rahmen. In Kombination mit dem leichten Lenker, der ebenfalls von Bike Ahead Composites kommt, ist vor allem im Wiegetritt oder bei anspruchsvollen Fahrmanövern auf hartem Untergrund etwas Flex zu spüren. Bei einem Fahrergewicht von 75 Kilo ließ sich das Bike im Gelände aber jederzeit präzise steuern.

Bike Ahead Composites Hardtail Test
"Nichts schmeckt so gut, wie es sich anfühlt, leicht zu sein." Das Zitat von Kate Moss passt zu diesem Hardtail.

Trail-Tauglichkeit - Leicht, aber nicht nur für den Uphill

Trotz Fokus auf Leichtbau wurde an der Trail-Performance nicht gespart. Die moderne Geometrie mit einem Lenkwinkel von 67,3° und kurzen 430 mm Kettenstreben sorgt für Fahrspaß auf leichten bis mittelschweren Trails. 180er Bremsscheiben, 120-mm-Federgabel und Teleskopstütze erweitern das Einsatzgebiet deutlich über klassische XC-Pfade hinaus.

Die Reifen haben auf den breiten Felgen ein hohes Volumen, was für Grip und Fahrkomfort sorgt. Der kurze 50er Vorbau macht das Handling super direkt. Sportliche Fahrer werden für eine etwas effizientere Sitzposition aber mit Sicherheit einen 60er, 70er oder 80 mm Vorbau verbauen.

Bike Ahead Composites Hardtail-Test
Bergab spielt dem Bike seine Ausrichtung voll in die Karten.
Versenkbare Sattelstütze
Neben dem Federweg von 120 mm und den starken Bremsen ist im Trail vor allem die versenkbare Sattelstütze der Joker.
Reifenfreiheit
Die Reifen fallen dank der 30 mm breiten Felgen voluminöser aus.

Verarbeitung und Features

Die Oberfläche des Rahmens ist eine optische und technische Glanzleistung. Dank transparenter Versiegelung statt Lack ist jeder Carbonlayer sichtbar – und makellos. Keine Falten, keine Spachtelmasse, kein Makel. Der Rahmen wird in einem Monocoque-Verfahren im Autoklaven in Portugal gefertigt und anschließend acht Stunden in Deutschland veredelt – das sieht man.

Ein paar Features fallen aufgrund des Leichtbaus allerdings hinten runter. So kommt der Rahmen ohne Lenkanschlagsbegrenzer. Stützt man, kann das Oberrohr durch die Schalthebel Schaden nehmen. Die Zugführung durch den Rahmen bietet nur zwei Einlässe.

Wer eine mechanische Teleskop-Sattelstütze fahren will, muss auf eine Funk-Schaltung setzen oder anders herum. Und viele Mechaniker wünschen sich anstelle des Pressfit-Lagers eher eine geschraubte BSA-Version. Wobei der Pressfit-Standard mit Blick auf den Leichtbau in einer ganzheitlichen Betrachtung immer noch die beste Wahl ist.

Oberfläche
Der Rahmen hat eine Oberfläche, so glatt wie ein Babypopo.
Zugführung
Es können nur zwei Leitungen durch den Rahmen nach hinten geführt werden.
Press-Fit-Tretlager
Wenn's um Leichtbau geht, ist der Pressfit-Standard am Tretlager immer noch the way to go.

Nachhaltigkeit & Vision - Fertigung zurück nach Europa

Bike Ahead Composites kooperiert mit Carbonteam im portugiesischen „Bike Valley“, um High-End-Produktion nach Europa zurückzuholen. Mit 2000 € für den Rahmen liegt der Preis erstaunlich fair, wenn man die aufwendige Fertigung, das höhere Lohnniveau berücksichtigt.

Dank kurzer Transportwege können Bestellungen seitens der Hersteller auch zielgenauer in kleineren Mengen erfolgen. Das senkt unterm Strich das Risiko, auf Ware sitzenzubleiben, und drückt aus wirtschaftlicher Sicht den Preis sogar nach unten.

Zum Vergleich: Bei Specialized bekommt man für 1500 € einen Chisel-Alu-Rahmen. Für einen Epic-Rahmen liegt man über 3000 € hin. Und die Amis fertigen ihre Produkte nicht in der EU.

Fazit Bike Ahead Composites Frame

Pro

  • Extrem leicht (820 g Rahmen, 9,5 kg Gesamtgewicht)
  • Top-Verarbeitung und sichtbare Fertigungsqualität
  • Trail-taugliche Geometrie trotz Race-Gewicht
  • Faire Preisgestaltung für europäische Fertigung
  • Erweiterter Einsatzbereich durch Teleskopstütze und große Bremsscheiben

Contra

  • Spürbarer Flex bei hoher Belastung
  • Kein Lenkeinschlagschutz serienmäßig
  • Eingeschränkte Zugverlegung (Funk notwendig)
  • Sitzposition für Racer nur mit längerem Vorbau optimal.
Sram Transmission Test
Wir hatten den Rahmen auch für den Test der neuen Sram Motive Bremsen und von Specializeds neuen Reifen mal umgebaut, weshalb die Ausstattung auf den Bildern im Video nicht 100 % deckungsgleich mit der Werksausstattung ist.

Fazit: Ein Hardtail mit Haltung

Mit „The Frame“ liefert Bike Ahead Composites nicht nur ein beeindruckendes Stück Ingenieurskunst, sondern auch ein klares Statement: High-End-Produktion in Europa ist möglich – leicht, präzise und sogar wettbewerbsfähig beim Preis.

Das Hardtail begeistert mit Fahrfreude, Verarbeitung und einem mutigen Konzept, das sich vom Mainstream abhebt. Kleine Schwächen sind dem radikalen Leichtbau geschuldet – und für viele sicher verschmerzbar. Wer ein außergewöhnliches Bike sucht, das nicht nur performt, sondern auch eine Idee transportiert, sollte hier unbedingt einen Blick riskieren.

Über den Autor

Ludwig Döhl

... hat mehr als 100.000 Kilometer im Sattel von über 1000 unterschiedlichen Mountainbikes verbracht. Die Quintessenz aus vielen Stunden auf dem Trail: Mountainbikes sind geil, wenn sie zu den persönlichen Vorlieben passen! Mit dieser Erkenntnis hat er bike-test.com gegründet, um Bikern zu helfen, ein ganz persönliches Traumbike zu finden.

Empfohlen für dich

Focus Raven im Test

Das Focus Raven Carbon Hardtail war einst eines der schnellsten Racehardtails im Worldc...

ARC8 Evolve FS im Test

Das ARC8 Evolve FS vereint 120 mm Federweg und eine Teleskopstütze mit einem beeindruck...

BH Lynx SLS im Test

Das neue BH Lynx SLS sieht aus wie Trek Supercaliber oder Specialized Epic Worldcup. Im...

Das Cervelo ZFS-5

Die Kanadier von Cervelo trauten sich beim MTB Worldcup in Nove Mesto erstmals mit ihre...