Das Salsa Blackthorn im Test
Salsa wird vor allem für ihre Adventure- und Gravelbikes geschätzt. Uns stellt sich die Frage: Können die US-Amerikaner auch ein Mountainbike bauen, das bergab richtig glänzt? Wir wollten es genau wissen und haben das Blackthorn unter die Lupe genommen.



Details am Rahmen
Prinzipiell kommt das Salsa recht simpel daher. Zugverlegung durch das Unterrohr, keine Auffälligkeiten bei der Verarbeitung und ein Hinterbausystem mit einem Split Pivot (getrenntem Lager) rund um die Hinterradachse. Nichts, das so bislang nicht gesehen hätte.
Eine kleine Spielerei hat es dennoch. Ein Flip-Chip-System ermöglicht es dem Fahrer, die Geometrie des Bikes zwischen einem „High“ und „Low“-Setting zu wechseln. Im High-Modus bietet das Bike eine höhere Tretlagerposition und steilere Winkel, die sich ideal für technische Anstiege oder engere Kurven eignen. Im Low-Modus hingegen wird das Tretlager abgesenkt und die Geometrie etwas flacher, was für eine ruhigere, stabilere Abfahrt sorgt und besonders auf steilen oder schnellen Trails mehr Vertrauen schafft. Ein sinnvolles Feature, das aber auch viele andere Hersteller haben.
Leider gibt es aufgrund des Designs mit liegendem Dämpfer im Rahmen nur begrenzten Platz für Trinkflaschen: Im L-Rahmen passt lediglich eine 500-ml-Flasche – für längere Touren dürfte das für einige Fahrer etwas knapp sein.
Ein weiteres Detail, das auffällt, sobald man losfährt, ist die Geräuschentwicklung der Brems- und Schaltzüge. Bei ruppigen Passagen neigen die Züge dazu, im Rahmen zu klappern, was in technischen oder schnellen Abschnitten nervt. Mit kleinen Schaumstoffhüllen beim Aufbau des Bikes kann man hier für Ruhe sorgen.

Exotisches Fahrwerk am Testbike
Unser Testbike überraschte mit einer ungewöhnlichen Ausstattung: Statt der üblichen RockShox- oder Fox-Komponenten fanden wir an der Front eine Cane Creek Helm Air MK2-Gabel und am Heck den Cane Creek DB Kitsuma Air-Dämpfer – eine willkommene Abwechslung, mit der der deutsche Importeur Cosmic Sports dem Bike eine besondere Charakteristik verlieh. Der Dämpfer überzeugte auf den anspruchsvollen Trails im Bikepark am Geißkopf und bot dem Hinterbau viel Kontrolle und Stabilität. Selbst in harten, schnellen Passagen verhielt sich das Heck sehr solide, was dem Bike spürbare Sicherheit und Spurtreue gab. Die Kombination aus Dämpfer und Fahrwerk ist wirklich gelungen. Die Gabel hingegen zeigte sich etwas weniger belastbar: Im Vergleich zur Fox 36, die wir zeitgleich an einem Raaw Jibb V2 testen konnten, stieß die Helm Air auf härteren Streckenabschnitten schneller an ihre Grenzen und lieferte weniger Reserven in extremem Terrain. Das Setup der Cane Creek Federelemente ist zudem ein Fall für Enthusiasten. Hier muss man viel probieren, um zur bestmöglichen Einstellung zu kommen.


Formula Cura Bremsen: Taugen die was?
Für die Verzögerung sorgten an unserem Blackthorn die Formula Cura 4 Bremsen. Die Mineralölbremse lässt sich werkzeuglos einstellen und ist preislich attraktiv, was sie für individuelle Aufbauten interessant macht.
Trotzdem fehlte es ihr in manchen Situationen an stärkerer Bremskraft, die man etwa bei einer SRAM Code RSC oder Shimano XT erwarten kann. Sie funktioniert auf einem guten Niveau, im Vergleich zu anderen 4-Kolben-Anlagen fällt ihre Power eher durchschnittlich aus. Hinzu kommt, dass am Testbike nur kleine Bremsscheiben montiert waren, die Bremse sehr wenig Leerweg hat, bis man am Druckpunkt angelangt. Das ist nicht schlecht, aber man muss sich daran gewöhnen.

Schaltung mit individuellem Pep
Unser Testbike war mit auffälligen lila Komponenten ausgestattet, darunter die hochwertige Helix Kassette von Ethirteen, die einen exzellenten Eindruck hinterließ und hervorragend mit der Sram-Schaltung harmonierte. Sram selbst rät von dieser Kombination ab, uns fällt kein Grund ein, warum man diese Kassette nicht empfehlen kann.
Die Helix Kassette bietet spannende Farboptionen. Ist preislich etwas günstiger als eine Sram XO Eagle Kassette und bietet mit 9-52 Zähnen sogar mehr Bandbreite. Das kleine 9er Ritzel öffnet die Option auf ein kleineres Kettenblatt an der Kurbel. Zudem ist die Kassette etwas leichter als vergleichbare Produkte von Sram. Fakten zur Dauerhaltbarkeit können wir nach unserem Test leider nicht liefern, aber in dem Punkt haben wir noch keine Kassette erlebt, die einer Sram XO Eagle Kassette das Wasser reichen könnte. Das würde uns auch bei der Ethirteen Helix Kassette wundern.
Ähnlich wie mit der Kassette verhält es sich auch mit den Ethirteen Reifen. Die Grappler Enduro Reifen beeindruckten durch ihre hervorragende Traktion, selbst auf nassem Untergrund, und sorgten so für viel Grip und Kontrolle auf den unterschiedlichsten Trails. Diese Reifen müssen sich in unserem Test nicht hinter den Schlappen von Maxxis, Conti und Schwalbe verstecken.


Geometrie & Größenwahl
Ein markanter Punkt beim Salsa Blackthorn ist die Größe des Bikes. Um die optimale Passform zu gewährleisten, sollte man vor dem Kauf unbedingt die Reach-Werte genau analysieren. In der Größe L liegt der Reach bei 490 mm, was bei vielen anderen Herstellern eher einer Größe XL entspricht. Dieser verlängerte Reach bringt klare Vorteile mit sich: Er sorgt für eine gesteigerte Stabilität und erhöhten Grip, was insbesondere bei schnellen Abfahrten und technisch anspruchsvollen Strecken von Vorteil ist. Trotzdem könnte es für einige Fahrer sinnvoll sein, eine Größe kleiner in Betracht zu ziehen, um ein agileres Handling zu erreichen, welches man sich ja von einem All Mountain erhofft. Die Kettenstrebe hingegen ist mit 432 mm relativ kurz gehalten, was den gesamten Radstand in einem moderaten Bereich hält. Dieses kurze Heck gleicht somit den langen Reach etwas aus, damit die Wendigkeit in engeren Kurven verbessert wird.

Hinterbau-Charakteristik im Uphill
Der Hinterbau arbeitet selbst im kleinsten Gang sehr antriebsneutral. Hier ist die Handschrift von Entwicklerlegende Dave Weagle ganz klar zu erkennen, der seit jeher eng in die Hinterbauentwicklung von Salsa involviert ist.
Weagle ist dafür bekannt, Bikes zu konstruieren, die sich exzellent bergauf treten lassen. Und das trifft auch auf das Blackthorne zu. Zumindest, was den Hinterbau angeht. Denn der funktioniert in allen Gängen und selbst im Wiegetritt antriebsneutral und bleibt dennoch sensibel gegenüber kleinen Schlägen. Ein Problem gibt es aber dennoch, wenn es bergauf geht.

Sind 15,4 Kilo zu viel?
Das Blackthorn, in der Aluminium-Variante, bringt mit 15,4 kg einiges an Gewicht auf die Waage. In der Federwegskategorie ist das Rad gute 1-2 kg schwerer als viele Konkurrenten aus Carbon. Einen wesentlichen Anteil daran hat der Alurahmen, der mit deutlich über 3 Kilo recht schwer ist.
Aber ist das überhaupt wichtig? In den meisten Fällen nein. Denn das Blackthorn ist kein Racebike, egal ob in der Alu- oder Carbon-Version. Es ist ein All Mountain, bei dem der Spaß im Vordergrund steht. In langen Anstiegen kann man damit leben.
Auf flachen Trails fühlt sich das Bike durch sein hohes Gewicht aber etwas träge an. Bikes wie das Specialized Stumpjumper legen die Messlatte hier auf ein anderes Niveau. Neben dem Rahmen würden vor allem leichtere Laufräder dem Bike nochmals ein spritzigeres Fahrverhalten geben.


Darauf kommt es an: Die Abfahrt
Das Salsa Blackthorn hat in der Abfahrt einen überzeugenden Eindruck hinterlassen, insbesondere auf technisch anspruchsvollen Trails. Der Hinterbau arbeitet hervorragend und sorgt dafür, dass man selbst auf wurzeligen Trailpassagen mühelos über Hindernisse hinweg rollt. Der Anti-Rise-Wert liegt im Bereich des Sag um 100 %, was die Geometrie auch beim Anbremsen bergab stabil hält. Das Bike liegt satt auf dem Trail und man fühlt sich sehr sicher auch auf herausfordernden Trailabschnitten. Neben den Fahrten auf normalen Trails haben wir das Bike auch im Bikepark Geißkopf getestet. Auch wenn das Blackthorn kein Enduro ist, hat es auf den meisten Strecken einen sehr guten Job gemacht. Auf schnellen Abfahrten spielt das Bike seine Stärken aus: Dank seiner Länge liegt es äußerst stabil auf dem Trail und vermittelt viel Sicherheit. In engen Kurven und auf verwinkelten Trails verlangt das Salsa Blackthorn etwas mehr Einsatz und bewusste Linienwahl, da es hier weniger wendig ist. Hat man sich jedoch an dieses Fahrverhalten gewöhnt, lässt sich das Bike präzise steuern. Auf Jumplines zeigt das Blackthorn sein spielerisches Potenzial: Der stark progressiv arbeitende Hinterbau vermittelt einem vor allem bei Absprüngen das herrliche Gefühl, als würde man eine Pringles-Dose „Poppen“ lassen. Das sorgt für reichlich Fahrspaß. Nach einem langen Tag im Bikepark mit zahlreichen Tiefenmetern machen sich die Unterarme trotz des genialen Handlings des Bikes bemerkbar – ein Unterschied, den man im Vergleich zu einem reinrassigen Enduro mit mehr Federweg spürt. Aber das Blackthorn weiß, wie man das Thema Fahrspaß in den Vordergrund stellen kann.

Ausstattungsvarianten
Das Bike gibt es mit der Ausstattung unseres Testbikes nicht von der Stange zu kaufen. Salsa Bikes sind ein klassischer Fall für Bike-Enthusiasten, welche sich ihr Bike gerne selbst aufbauen und sich deshalb bewusst gegen ein Bike aus dem Karton entscheiden. Unser Testbike kostet laut dem deutschen Vertrieb Cosmic Sports ca. 5500 €.
Der Alurahmen kostet 2.599 € mit Super Deluxe Select+ Dämpfer. Der Carbonrahmen 3.799 € mit Fox Float X Factory Dämpfer.

Positiv am Salsa Blackthorn:
- Exzellenter Hinterbau
- Gute Geometrie
- Ausgefallen
- Spannende Anbauteile jenseits des Mainstreams
Negative Anmerkungen:
- Relativ schwer
- Im Individualaufbau teuer
- Wenig Platz für Trinkflaschen
Wer ein Bike haben will, das man definitiv nicht täglich im Wald sieht, kann sich mit dem Salsa ein echtes Traumbike aufbauen. Hinterbau und Geometrie haben das Potenzial, abfahrtshungrige Biker zu begeistern. Das hohe Gewicht und der Preis für einen Individualaufbau können dagegen abschrecken. Details, wie der fehlende Platz für große Trinkflaschen, muss man akzeptieren.