Canyon Grand Canyon im Test
Das Canyon Grand Canyon wurde auf Diät geschickt. In der 1700 € Preisklasse ist es mit 12,7 Kilo ein Leichtgewicht. Mit seinen 120 mm Federweg, der Teleskopstütze und einer neuen Geometrie ist das Bike vielseitiger aufgestellt denn je. Wir haben das Bike für einen gründlichen Test ordentlich über die Trails gescheucht.




Gewichtsoptimierung auf ganzer Linie
Mit 12,7 kg (ohne Pedale, aber mit Schläuchen) ist das Grand Canyon AL deutlich leichter als viele vergleichbare Trail-Hardtails. Und vor allem fast 1 Kilo leichter als sein Vorgänger. Das Gewicht ist bei 120 mm Federweg und der verbauten Teleskopstütze in der Preisklasse unter 2000 € einzigartig. Canyon erreicht das durch zwei gezielte Maßnahmen:
- Leichter Rahmen: Der überarbeitete Aluminiumrahmen bringt nur unter 1900 Gramm auf die Waage – ein Top-Wert in der Preisklasse unter 2000 €. Zum Vergleich: Der alte Rahmen wog noch 2200 Gramm.
- Cleveres Laufrad-Setup:: Statt auf breite 30-mm-Felgen und dicke 2,4er-Reifen zu setzen, verbaut Canyon 25-mm-Felgen mit 2,25er-Reifen. Dadurch spart man rund 400 Gramm rotierende Masse – spürbar beim Antritt, besonders bergauf.


Tourenfreundliche Ausstattung
Canyon hat den Rahmen nicht nur leichter, sondern auch vielseitiger gemacht und unterstreicht das mit vielen Features und Optionen, die in dieser Ausprägung so nicht normal sind:
- Drei Flaschenhalterpositionen
- Ösen für Oberrohrtaschen
- Toolmount am Unterrohr
- Gepäckträgermontage möglich
- Montagepunkt für Seitenständer
- Kompatibles Bikepacking-Zubehör bei Canyon erhältlich
Diese Features machen das Grand Canyon zur echten Allzweckwaffe – vom Arbeitsweg bis zum Bikepacking-Abenteuer.





Praxisnahe Techniken
Die Ausstattung ist bewusst gewählt und meistert den Spagat zwischen Performance und Wartungsfreundlichkeit. Gerade bei einem Bike, das über das Internet gekauft wird, ist das ein großes Thema.
Auch wenn Canyon gerade seine Strategie mit einem ersten Flagshipstore in München etwas anpasst, muss man auf lange Sicht hier öfter mal selbst Hand anlegen, wenn das Bike Mucken macht. Hier ist man froh darüber, dass sich Canyon für wartungsfreundliche Features am Rahmen und Bauteile entschieden hat.
- Geschraubtes BSA-Tretlager
- Große Zugöffnungen am Tretlager für einfache Wartung
- Shimano 4-Kolben-Bremsen mit ordentlicher Power
- Shimano XT 1x12 Schaltung




Wofür ist eigentlich die Teleskopstütze gut?
Die absenkbare Sattelstütze ist ein echter Gamechanger auf dem Trail. Denn man muss so bergab keine Zwangsposition mehr weit hinter dem hohen Sattel einnehmen. Einfach kurz vor der Abfahrt das Knöpfchen am Lenker drücken und schon wandert der im Singletrail störende Sattel nach unten. Wir haben dazu auch einen großen Artikel hier.
Wer einmal mit so einer Stütze unterwegs war, möchte sie nicht mehr missen. Canyon verbaut in Größe M bereits eine Sattelstütze mit 170 mm Hub, was sehr üppig ist. Viele andere Hersteller haben hier nur 125 mm Hub.
Viel Hub bedeutet auch ein längeres Baumaß und um das im Rahmen unterzubekommen, hat Canyon extra die Flaschenhalterösen nach außen verlegt. Hier zeigt sich: Es wurde kein Detail übersehen.



Moderne Geometrie - Sitzposition mit vielen Optionen
Mit einem Lenkwinkel von 66°, Reach von 470 mm (Größe L) und einem tiefen Tretlager (65 mm Drop) ist das Grand Canyon nicht nur tourentauglich, sondern vermittelt auch Sicherheit auf Trails. Bis auf Größe XS (27,5 Zoll Laufräder) rollt es auf 29-Zoll-Laufrädern, was den Komfort und die Geländegängigkeit weiter verbessert.
Dank dem kurzen 45 mm Vorbau sitzt man nicht zu sportlich auf dem Grand Canyon. Wer das will, hat aber die Option. Denn das kurze Steuerrohr lässt eine tiefe Montage des Lenkers zu. Wer wirklich sportlich sitzen will, sollte aber auch in einen längeren Vorbau investieren. Für ca. 20 € stehen einem hier alle Optionen offen.
Apropos Sport: Die Gabel lässt sich nicht vom Lenker aus blockieren. Wer diese für einen Sprint oder einen langen Asphaltabschnitt sperren will, muss zum Lenker greifen. Kein Beinbruch, wie wir meinen, denn ein Lenkerlockout bedeutet auch ein zusätzliches Kabel und ein defektanfälliges Bauteil mehr am Bike. Bei einem Bike, das nicht per se auf den Wettkampf ausgelegt ist, ist uns die Lösung ohne Fernbedienung fast lieber.





Fahrgefühl und Handling im Gelände
Der ab Werk verbaute 45 mm Stummelvorbau macht das Handling super direkt. So setzt das Bike jede Bewegung am Lenker direkt in eine Richtungsänderung auf dem Trail um. Mit seinen 120 mm Federweg (normal sind 100 mm) der Teleskopsattelstütze und der außergewöhnlich starken Bremse kommt im Gelände zu jeder Zeit sicheres Fahrgefühl auf.
Dass die Reifen etwas schmaler und vom Profil her nicht super aggressiv ausfallen, merkt man selbst auf anspruchsvollen Trails kaum. Solange diese trocken sind, bieten die 2,25er Schwalbe Rocket Ron genügend Grip. Auch hier muss man Canyon zu der Entscheidung zu leichten Reifen gratulieren. Denn damit wird das Bike vielfältiger.
Mit 510 % Bandbreite an der Gangschaltung (aktueller Standard auch im High-End-Bereich) und den leichten Laufrädern und Reifen sind auch jederzeit lange Touren oder sogar Alpenüberquerungen möglich. Die minimalen Abstriche in Sachen Grip machen das Bike super vielfältig. Mit seiner Auslegung ist das Grand Canyon sogar breiter aufgestellt als das kürzlich von uns getestete und deutlich teurere Canyon Exceed Carbon Hardtail.



Pro & Contra: Das spricht für – und gegen – das Grand Canyon
Pro
- Sehr gutes Gesamtgewicht für die Preisklasse
- Zahlreiche Montageoptionen für Touren und Alltag
- Durchdachte Ausstattung mit Fokus auf Vielseitigkeit
- Gabel und Teleskopstütze sorgen für exzellentes Fahrverhalten auf dem Trail
- Wartungsfreundlich dank einfacher Technik
Contra
- Reifenwahl geht leicht zulasten des Grips auf groben Trails
- Der kurze 45-mm-Vorbau passt nicht jedem.
- Kein klar definierter Lockout-Rasterpunkt an der Gabel

Gravelbike oder Hardtail? Der direkte Vergleich
Viele Tourenfahrer stehen vor der Entscheidung: Gravelbike oder leichtes Hardtail? Das Grand Canyon schlägt sich hier gut – auch gegen das Canyon Grizl AL 6, das 100 € günstiger, aber 2 kg leichter ist.
- Vorteile Gravelbike: Schneller auf Asphalt und feinem Schotter
- Vorteile Hardtail: Vielseitiger, bessere Bremsen, komfortabler auf Trails, mehr Bandbreite (510 % vs. 400 %)
Kurz gesagt: Wer Trails nicht komplett ausschließt, bekommt mit dem Grand Canyon das deutlich universellere Rad.

Fazit: Ein echter Geheimtipp für Tourenfans
Das Canyon Grand Canyon ist mehr als nur ein günstiges Hardtail. Es ist ein Statement für Vielseitigkeit, ohne dabei auf moderne Geometrie, gute Komponenten oder clevere Features zu verzichten. Canyon hat hier ein Bike gebaut, das Tourenfahrer begeistert – und auch im leichten Trail-Einsatz überzeugt.
Für unter 2000 € ein Bike mit dieser Ausstattung, unter 13 kg Gesamtgewicht und so vielen Einsatzmöglichkeiten zu finden, ist aktuell eine Seltenheit. Wer also ein leichtes, tourentaugliches MTB mit Allrounder-Potenzial sucht, sollte das Grand Canyon definitiv in Betracht ziehen.