Mountainbike Kategorien im Vergleich
Bevor man sich ein neues Mountainbike kauft und in die Modellentscheidung eintaucht, ist die wichtigste Frage tatsächlich: Welche Mountainbike-Kategorie brauche ich eigentlich? Enduro, All Mountain oder doch eher Trailbike? Wir haben die drei wichtigsten Mountainbike-Kategorien miteinander verglichen, damit du dir ein Bild machen kannst, welcher Mountainbike-Typ zu dir passt.

Moderne Mountainbikes sind extrem gut geworden. Der Fortschritt hat die Gefahr, eine wirkliche „Krücke“ zu erwischen, in den letzten Jahren deutlich reduziert. Im Gegenzug ist aber das Risiko, einfach das falsche Rad zu wählen, erheblich gestiegen. Denn in den Produktpaletten der Hersteller wimmelt es vor Vielfalt. Zur Aussage „Mountainbikes sind gut geworden“ gehört daher auch eine zweite Wahrheit: Mountainbikes zu kaufen, ist komplex geworden.


Mountainbike-Kategorien sind enger abgesteckt denn je. Wächst der Federweg an der Gabel nur um 10 mm, spricht man plötzlich von einem Enduro und nicht mehr von einem All Mountain. Oftmals kryptische Bezeichnungen wie „Downcountry“ oder inflationär verwendete Begriffe wie „Trailbike“ machen die Orientierung im Dschungel der Vielfalt zusätzlich schwerer.
Damit du dich nach dem Bike-Kauf nicht in den Ar*** beißt, weil du dich in der Kategorie vergriffen hast, haben wir drei Bikes unterschiedlicher Kategorien, aber vom gleichen Hersteller und mit vergleichbarer Ausstattung getestet und verglichen.

Warum keine Hardtails im Vergleich?
Wir haben diesen Vergleich mit dem Orbea Occam SL (140 mm Federweg), dem Orbea Occam LT (160 mm Federweg) und dem Orbea Oiz (120 mm Federweg) durchgeführt. Alle drei Bikes sind Fullys. Alle drei verfügen über einen Carbonrahmen im hochpreisigen Segment um die 4.000 €. Und alle drei sind mit einer vergleichbaren Shimano XT 1×12-Schaltung ausgestattet. So ist die Vergleichbarkeit gegeben. Die einzelnen Tests zu den Bikes haben wir euch verlinkt.
Dabei sind wir uns bewusst, dass gewisse Räder wie Hardtails, günstigere Bikes oder auch knallharte 100-mm-Racefullys fehlen. Diese Aspekte haben wir in anderen Artikeln auf unserer Webseite aber bereits sehr detailliert aufbereitet – deshalb wollen wir diesen Artikel nicht verwässern. Hier sprechen wir eine sportliche Zielgruppe an, die vor dem Kauf eines relativ teuren Mountainbikes steht und Trails liebt.
Wenn dich dieses Thema interessiert, du mit der Auswahl der Bikes aber nicht zufrieden bist, schau dir unbedingt noch die weiteren Artikel aus unserer Kaufberatung an. Wir haben dort eine generelle Beratung, die auch auf andere Kategorien und günstigere Bikes eingeht. Hardtails haben wir – weil wir sie lieben – in einem extra Feature mit verschiedenen Vergleichen gewürdigt. Und Einsteiger mit einem Budget von rund 1.500 € werden dort am glücklichsten.


Worauf muss ich bei der Wahl des richtigen Mountainbikes achten?
Preis, Einsatzbereich, Gewicht – das sind die entscheidenden Faktoren, die du bei deiner Kaufentscheidung im Blick behalten und für dich definieren musst. Diese drei Faktoren hängen auch in gewisser Weise voneinander ab: Je teurer Bikes werden, desto leichter sind sie. Je gröber der Einsatzbereich, desto schwerer fallen sie aus. Zum Thema Preis eines MTBs haben wir auch einen ganz eigenen Artikel.
Unsere Testbikes kosten alle in etwa dasselbe, und die Unterschiede bei Gewicht und Federweg werden hier ganz deutlich: 3 Kilo liegen zwischen dem Orbea Oiz und dem Occam LT. Das sind 26 % Mehrgewicht für 40 mm mehr Federweg. Klar, dass man mit dem Occam LT bergauf mehr schwitzt, während man mit dem Oiz noch locker dahin kurbelt. Zu den Praxiseindrücken kommen wir aber noch.




Bike | Kategorie | Einsatzbereich | Federweg vorne | Federweg hinten | Gewicht |
Orbea Oiz | Race-Down-Country-Bike | Touren im leichten Gelände; leichte Trails; gelegentliche Renneinsätze | 120 mm | 120 mm | 11,5 Kilo |
Orbea Occam SL | All-Mountain / Trailbike | Touren im anspruchsvollen Gelände; Alpenüberquerungen; Touren im Mittelgebirge | 140 mm | 140 mm | 13,6 Kilo |
Orbea Occam LT | Enduro | perfekt für anspruchsvolle Trails oder Enduro-Rennen | 160 mm | 150 mm | 14,6 Kilo |
Thema Preis: Wie viel muss ich ausgeben?
Zum Preis kann man einen pauschalen Tipp geben: Je weniger Geld du ausgibst, desto besser ist es, wenn du dir ein Bike mit weniger Federweg holst. Also vielleicht 130–140 mm anstatt 160 mm Federweg. Günstige Bikes sind ohnehin schwer. Wenn das Bike dann noch auf grobe Trails ausgelegt ist, wie ein Enduro mit 160 mm, dann wiegt es schnell über 16 Kilo. Der Spaß im Uphill ist damit dahin. Es fährt zwar gut bergab, aber du kommst nicht mehr zum Traileinstieg hoch. Und schiebend macht Mountainbiken keinen Spaß.
Im Umkehrschluss kann man aber auch sagen: Geld verbreitert den Einsatzbereich von Bikes. Wer 5.000 € oder mehr für ein Bike ausgeben will und kann, bekommt damit auch ein relativ leichtes Enduro wie das Orbea Occam LT. Das Bike wiegt unter 15 Kilo und ist damit in etwa so schwer wie Trailbikes mit weniger Federweg in der 3.000-€-Klasse. Der Vortrieb bergauf ist vergleichbar. Bergab macht mehr Federweg einfach mehr Spaß.


Wie definiert man den Einsatzbereich eines Mountainbikes?
Beim Einsatzbereich ist es wichtig, sich nicht zu sehr von externen Meinungen lenken zu lassen. Denn jeder setzt seine Schwerpunkte anders. Und jeder nimmt Strecken auch anders wahr. Während dein Kumpel, der seit Jahren jeden Urlaub auf dem Bike verbringt, manchmal von einem easy Flowtrail spricht, kann dieselbe Strecke für ungeübte Fahrer schon eine echte Herausforderung sein.
Einfache Leitregel: Je gröber die Trails werden, desto mehr Federweg brauchst du, um auf ihnen Spaß zu haben. Der Einsatzbereich eines Bikes hängt maßgeblich von seinem Federweg ab. Die Hersteller wählen wichtige Anbauteile wie Reifen oder Bremsen in der Regel so, dass sie zum Federweg und zum gedachten Einsatzbereich des Bikes passen.
Mit 120 mm Federweg kann man durch den Wald fahren und leichte Trails mitnehmen. Im rauen Gelände kommt man damit aber an seine Grenzen. Mit 160 mm Federweg hat man dagegen Reserven für Sprünge, Steinfelder oder supersteile Trails. Wichtig ist, die sinnvolle Range von 120 bis 160 mm im Blick zu haben. Mit weniger Federweg wirst du auf Trails nicht glücklich. Mit mehr Federweg strampelst du dich bergauf meist zu Tode.
Der Knackpunkt beim Federweg ist: Man kann ihn eigentlich nur wirklich gut nutzen, wenn man mit dem entsprechenden Tempo unterwegs ist. Wenn du eher ungeübt bist und noch langsam auf den Trails unterwegs bist, kommst du womöglich nicht in den Bereich, in dem du 160 mm Federweg sinnvoll ausnutzen könntest. Dann würden wir dir tendenziell zu weniger Federweg raten, weil das Bike dadurch leichter wird und du bergauf weniger schwitzt.


Gewicht: Ab wann ist ein Mountainbike schwer?
Generell ist es so: Gewicht nervt. Sowohl, wenn man es bergauf treten muss, als auch beim Handling des Bikes bergab. Man will also auf keinen Fall mehr Gewicht als nötig an einem Bike haben. Mit 11,5 Kilo fällt das Orbea Oiz superleicht aus. Selbst im Cross-Country-Worldcup wiegen die Bikes oftmals um die 11 Kilo. Leichtere Bikes haben wir auch schon getestet – sie können begeistern, kommen aber immer mit Kompromissen bei der Geländegängigkeit daher.
Bis 15 Kilo ist man noch in einer Range, die sich aus eigener Muskelkraft gut bergauf treten lässt. Darüber wird es ehrlich gesagt zäh. Wer also in der Regel selbst zum Traileinstieg tritt, sollte darauf achten, nicht über diese Gewichtsmarke zu kommen. Auch wenn der Unterschied zwischen 13,6 und 14,6 Kilo (Orbea Occam SL und LT) sich nicht groß anhört – man spürt hier wirklich jedes Kilo.
Der pauschale Spruch „Dann geh ich einmal aufs Klo, dann bin ich auch 1 Kilo leichter“ ist schlichtweg Schmarrn. 1 Kilo ist bei einem Systemgewicht (Fahrer + Bike + Ausrüstung) von 100 Kilo einfach 1 %. Für dieses eine Prozent, das man bergauf mehr leisten muss, trainieren Spitzensportler oft ein Jahr. Es lohnt sich also, aufs Gewicht zu achten.


Praxistest: So fühlen sich die unterschiedlichen Bikes an
Um die Aussagen für diesen Artikel zu generieren, haben wir nicht nur die drei Orbeas einzeln getestet. Wir haben auch mehrere gemeinsame Ausfahrten mit allen drei Bikes gemacht.
Das Offensichtliche ist schnell erklärt: Wer Spaß am Vortrieb hat und eine Mountainbiketour dann als gelungen definiert, wenn eine gewisse Anzahl an Höhen- und Kilometern abgespult wird, der wird mit dem Oiz glücklich. Um gröbere Trails muss man hier aber außen herum fahren – oder eben schieben. Mit dem Occam LT schwitzt man bergauf deutlich mehr, muss bergab aber nichts fürchten.
Das Occam SL trifft hier die goldene Mitte – so war es zu erwarten. Orbea macht bei allen Bikes einen stringenten Job, der zur jeweiligen Ausrichtung passt. Details zu den Bikes gibt es in den Einzeltests. Beim Bike-Kauf oder auch bei Online-Artikeln und -Videos wird der Abfahrt oft deutlich mehr Aufmerksamkeit gewidmet als dem Uphill. Den Trail runter zu flowen hinterlässt einfach Eindrücke, an die man sich emotionaler und stärker erinnert. Aber die Wahrheit ist: Eine MTB-Tour geht genauso viele Höhenmeter bergauf, wie man auch runterfährt.
Der Praxistest hat auch gezeigt: Wer sich bergauf die Lichter vor Anstrengung ausknipst, hat bergab keinen Spaß mehr – egal mit welchem Bike. Die pure Fokussierung auf die Abfahrt verzerrt das Bild und verleitet schnell dazu, ein zu schweres Bike zu kaufen. Auf dem Trail muss man dann damit leben: Wenn der Schweiß in Bächen fließt, sinkt der Fahrspaß. Mehr ist nicht immer besser.

Praxistest: Der Faktor Mensch ist nicht zu unterschätzen
Sowohl bei der Fahrtechnik als auch bei der Fitness können erfahrene Biker viel kompensieren. So lässt sich mit den entsprechenden Skills das Orbea Oiz im selben Gelände genauso schnell fahren wie das Occam LT von einem Anfänger. Auch bergauf können erfahrene Biker, die regelmäßig fahren, das Mehrgewicht eines Bikes durch besseres Training gut ausgleichen.

Das macht deutlich, dass es vor allem für Anfänger extrem wichtig ist, sich damit auseinanderzusetzen, was sie wirklich wollen. Denn Anfänger können eine falsche Materialwahl aufgrund schwächerer Fahrtechnik und geringerer Fitness weniger kompensieren. Der Fahrspaß leidet dann bergauf oder bergab – oder im schlechtesten Fall in beiden Szenarien. In zwei von drei Fällen hätten unsere Testfahrer zur goldenen Mitte, also dem Bike mit 140 mm Federweg, gegriffen. Denn es bietet gerade für ungeübte Biker die breiteste Basis.

Fazit zum Mountainbike-Kategorievergleich
Bevor du dich beim Bike-Kauf in der Modellentscheidung verlierst, hinterfrage genau, was du überhaupt mit dem neuen Mountainbike anstellen willst. Denn die Kategoriewahl ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Wer hier vorschnell oder falsch handelt, killt den Spaß am Biken schon vor der ersten Ausfahrt.