Orbea Laufey im Test
Trail-Hardtails sind leicht, günstig und robust. Doch mit ihnen kauft man sich auch immer einen Hauch von Unvollkommenheit. Mit modernen Features und einer radikalen Ausstattung will das neue Orbea Laufey mit diesem Vorurteil aufräumen.
Das Orbea Laufey ist schick, modern und versucht zwei Dinge unter einen Hut zu bringen, die eigentlich nicht unter einen Hut passen. Das neue Trailhardtail aus Spanien will vollen Abfahrtsspaß für einen überschaubaren Preis ermöglichen. Auch wenn 2499 € eine Menge Geld sind, liegt der UVP unseres Testbikes immer noch deutlich unter dem Preis von ähnlich ausgestatteten Fullys.
Zum Vergleich: Das Occam SL H20 hat in etwa eine vergleichbare Ausstattung, kostet aber 1000 € mehr. Das Occam SL H30 kostet ähnlich viel wie unser Laufey, macht dafür aber deutliche Abstriche bei der Ausstattung. Vor allem bei der Gabel und den Bremsen kommt das Fully gegenüber dem Hardtail ins Hintertreffen.
Der Vergleich offenbart die Vision, die Orbea mit dem Laufey verfolgt. Dieses Bike soll den Genuss von rauen Trails für alle ermöglichen, die für ein neues Bike weniger als 3000 € ausgeben können oder wollen. Kann das Laufey das Versprechen vom bezahlbaren Fahrspaß auf ernsthaften Trails in unserem Praxistest halten?
Quick Facts zum Orbea Laufey
- Preis:: 1499 - 2599 €
- Federweg:: 140 mm
- Gewicht:: 13,75 Kilogramm (Größe M ohne Pedale in der H-LTD-Version)
- Flaschenhalter:: 2 Stück
- Zugverlegung:: klassisch durch das Unterrohr
- Tretlager:: BSA (geschraubt)
- Besonderheit:: Staufach im Unterrohr, exzellente Geometrie
Details machen das Orbea Laufey besonders
Wer ein Trailhardtail mit 130 bis 140 Millimeter Federweg unterhalb der 3000-Euro-Grenze sucht, hat am Markt die Auswahl aus knapp 50 Bikes. Die schiere Anzahl an Optionen, die unser großer Marktüberblick offenbart, verrät einen Fakt: Dieses Marktsegment ist hart umkämpft. Nukeproof, Rose, Radon, Canyon oder Giant. Alle großen Firmen versuchen in diesem Marktsegment auf Kundenjagd zu gehen. Um sich vom Getümmel der Konkurrenz abzusetzen, verleiht Orbea seinem Rahmen einige Details.
Das Staufach im Unterrohr bietet Platz für den Ersatzschlauch und das nötigste Werkzeug für Touren. Der Deckel unter dem Flaschenhalter fügt sich formschön an den Rahmen und hat einen hochwertigen Verschlussmechanismus. Ein Feature, das man im Bereich der Trailhardtails bei anderen Herstellern vergebens sucht.
Auch das elegante Design, welches das Oberrohr fast nahtlos in die Sitzstreben übergehen lässt und die Option auf bis zu drei unterschiedlichen Farbvarianten sind Alleinstellungsmerkmale am Markt.
Die ISCG-Aufnahme für eine Kettenführung, die durch das Unterrohr verlegten Züge und das geschraubte BSA-Tretlager sind dagegen auch bei anderen Herstellern Standard. Auffällig mit dem Blick auf den kompletten Markt ist auch, dass sich die Geometrien von Trailhardtails sehr ähnlich ausfallen.
Geometrie bringt Liebe zum Detail zum Vorschein
Unsere Vergleichsfunktion auf bike-test.com zeigt, dass sich die Geometrien von Trailhardtails nur noch in wenigen Nuancen unterscheiden. Ein Lenkwinkel von 65 ° +/- 0,5 ° bekommt man beim Rose Bonero, beim Canyon Stoic 4 oder auch dem Orbea Laufey. Und auch die Reach-Werte pendeln sich in der Rahmengröße M um die 450 mm ein.
Zwei entscheidende Werte unterscheiden das Orbea Laufey aber dennoch von seinen Mitstreitern:
- Sitzrohr:: Die Sitzrohrlänge fällt kürzer aus als normal: Das ist gut, denn so bleibt mehr Platz für Teleskopstützen mit mehr Hub. Schon in der Rahmengröße M lässt sich die Sattelstütze bis zu 150 mm per Knopfdruck versenken. In der Größe L gibt es ab Werk sogar noch mehr Hub.
- Tretlagerhöhe:: Das Tretlager liegt verdammt tief: Das Tretlager des Laufey liegt satte 65 mm unter der Nabenachse. Man steht also etwas tiefer hinter dem Lenker als bei der Konkurrenz.
Die große Frage bleibt: Ob man diese Details auch auf dem Trail spürt?
Wie viel Trail packt das Orbea Laufey mit starrem Heck?
Um das Orbea Laufey artgerecht auszuführen, waren wir damit nicht nur auf unseren heimischen Trails im Altmühltal unterwegs, sondern haben es auch einem Hardcore-Test auf den Enduro-Trails von Finale Ligure unterzogen. Die anspruchsvollen und zerklüfteten Trails an der italienischen Mittelmeerküste verlangen dem Material einiges ab. Aber das Orbea ist dafür gewappnet.
Denn das tiefe Tretlager und der flache Lenkwinkel sorgen nicht nur für ein sicheres Fahrgefühl im rauen Geläuf. Auch die solide 4-Kolben-Bremsanlage von Shimano und die dicken 2,6er Reifen erhöhen das Vertrauen, das man als Fahrer gegenüber dem Bike entwickelt, maßgeblich.
Durch das hohe Volumen im Reifen, kann der Nachteil der fehlenden Federung im Heck gegenüber einem Fully zwar nicht wettgemacht werden. Aber dennoch haben die dicken Schlappen im Hardcore-Einsatz etwas mehr Reserven als schmalere Pendants, wie sie beispielsweise am Rose Bonero verbaut sind. Auch die Pannenanfälligkeit sinkt mit dem höheren Volumen der Reifen. Sportliche Fahrer werden die Druckstufe der Gabel mit dem etwas groben Grip-Hebel der Fox-Gabel leicht erhöhen, für mehr Gegendruck bei schnellen Schlägen.
Hardtail bleibt Hardtail
Auch grobe Trails wie der berühmte Roller Coaster Trail in Finale Ligure machen mit dem Orbea Laufey Spaß. Trotz noch so abfahrtslastiger Ausstattung verlangt das starre Heck des Orbea Laufeys bergab nach einer angepassten Fahrweise. Wer den Gashahn ähnlich weit aufreißt wie bei einem Fully, merkt aber dennoch relativ schnell: Hardtail bleibt Hardtail!
Steigt das Tempo, lassen sich die Schläge am Hinterrad auch mit der besten Fahrtechnik nicht mehr zu 100 % kompensieren. Die Folge: Das Hinterrad verliert immer häufiger den Kontakt zum Untergrund. Dadurch sinkt die Kontrolle, die man über das Bike hat. Auf unseren moderaten heimischen Trails im Altmühltal hielt sich dieser Effekt noch in Grenzen.
Die Pisten von Finale Ligure, die von Menschenhand speziell dazu geformt wurden, Biker in einen Speedrausch zu versetzen, bringen Trailhardtails ans Limit. Auch wenn das Laufey zweifelsohne eines der abfahrtslastigsten Trailhardtails auf dem Markt ist, kommt es bei der Kombi aus Geschwindigkeit und rauem Gelände schneller ans Limit als ein vergleichbares Fully. Weiß man diesen Faktor einzuschätzen und drosselt die Fahrt an den richtigen Stellen, steht dem Fahrspaß dennoch nichts im Weg.
Bergauf: Komfort steht im Vordergrund
Ein entscheidender Vorteil gegenüber Fullys liegt zweifelsohne im niedrigeren Gewicht des Hardtails. Mit 13,75 Kilo ist das Orbea Laufey zirka 2 Kilo leichter als ein Fully derselben Preisklasse. Der Vorteil: Der Anstieg geht damit deutlich leichter vonstatten. Auf einer langen Tour geht einem so deutlich später die Puste aus.
Auch wenn die Reifen einen spürbaren Rollwiderstand leisten und es leichtere Trailhardtails auf dem Markt gibt, bleibt der Anstieg mit dem Laufey angenehm. Der Grund: Die Kontaktpunkte zum Körper fallen mit hochwertigen Anbauteilen sehr angenehm aus. Der hochwertige Ergon Sattel und die Ergon Griffe schmeicheln dem menschlichen Körper. Die Sitzposition ist dank steilem Sitzwinkel sehr aufrecht.
Das Laufey gewinnt sicher kein Marathonrennen, aber es macht auch lange Anstiege von über 1000 hm locker bezwingbar.
Fazit zum neuen Orbea Laufey
Das neue Orbea Laufey ist eines der abfahrtslastigsten Trailhardtails auf dem Markt. Starke Bremsen, dicke Reifen, ein Staufach im Unterrohr und ein sehr tiefes Tretlager grenzen es deutlich von der Konkurrenz ab. Wer ins harte Gelände gehen will und ein Budget von unter 3000 € hat, bekommt mit dem Laufey einen Partner, der vor keinem Trail zurückschreckt. Die Anbauteile von Ergon und die kurzen Shimano Bremshebel machen das Bike ergonomisch angenehm. Damit sind auch lange Touren ohne Schmerzen an den Kontaktstellen zum Körper möglich.
Alle Orbea Laufey-Versionen auf einem Blick
Wie gewohnt liefern wir nicht nur tiefgründige Einblicke in die Details eines Bikes, sondern auch Informationen zur kompletten Modellfamilie. Denn neben dem Topmodell gibt es das Orbea Laufey noch in zwei günstigeren Versionen. Und natürlich haben wir auch einen generellen Trailhardtails – die besseren günstigen Enduro Bikes für alle, die sich für ein Bike mit starrerem Heck interessieren.