Orbea Occam LT im Test
Orbea hat vergangenes Jahr das Occam spürbar weiterentwickelt. Mehr Steifigkeit, klare Modelltrennung (SL vs. LT) und durchdachte Geometrie sollen das Bike erwachsener machen. Wir haben sowohl die SL- als auch die LT-Version getestet, um zu sehen, ob das spanische Enduro wirklich eine gute Option für Trailshredder ist.





Details machen das Orbea Occam spannend.
Orbea rockt in der Entwicklung nicht das 08/15-Programm ab. Klar wird das vor allem mit Blick auf die Details. Denn der asymmetrische Hauptrahmen hat nicht nur ein Staufach für den Ersatzschlauch. In der Achse des Hinterbaurockers und in der Hinterradachse versteckt sich jeweils auch ein Minitool bzw. Werkzeug. So kann man auf die kurze Feierabendrunde komplett ohne Rucksack ausrücken. Das gefällt.
Außerdem ist der Rahmen ab Werk mit einer stylischen Rahmenschutzfolie überzogen, um den Lack zu schützen. Formschlüssige Gummiteile bzw. Schutzbleche an Kettenstrebe und Hinterbaulager machen die Fahrt leise und halten Dreck aus Ecken fern, wo man ihn nicht haben will. Und die Hinterbauachsen sind mit zusätzlichen Klemmungen am Gewinde versehen, damit sie sich nicht lockern.
Bei unserem Testbike werden die Züge noch durch den Steuersatz verlegt. Orbea bietet hier aber für zukünftige Modelle die Wahl, diese auch nicht durch den Steuersatz, sondern direkt am Unterrohr in den Hauptrahmen laufen zu lassen. Wer sich aktuell ein Testbike bei Orbea bestellt, kann hier wählen. All die Details zeigen: Orbea beschäftigt sich wirklich intensiv mit Kleinigkeiten, die das Leben für Biker angenehmer machen.





Kletterkumpel?
Für ein Bike mit 160 mm Federweg klettert das Orbea Occam SL exzellent. Denn ein Gewicht von unter 15 Kilo (14,6 kg in Größe L ohne Pedale, um genau zu sein) ist 2025 keine Selbstverständlichkeit für ein Bike, das wir aufgrund seines Federwegs schon als Enduro klassifizieren. Das Orbea Occam LT ist leicht, der Dämpfer lässt sich mit einem Griff an den „Firm“-Hebel beruhigen und die Sitzposition fällt weniger aufrecht aus als bei anderen Enduros. Der Hinterbau bleibt dank eines Anti-Squat-Werts von über 100 % im Bereich des Sags auch ohne Lockouthebel relativ ruhig.
Das Orbea Occam LT steckt locker auch mal Touren mit 1500 hm weg, ohne die Oberschenkel komplett zu killen. Wer seinen Schwerpunkt aber nicht auf den Spaß im Singletrail, sondern auf lange Touren in den Alpen legt, ist mit dem Occam SL dennoch deutlich besser beraten. Denn bei der SL-Version lässt sich das komplette Fahrwerk vom Lenker aus blockieren und das Bike ist nochmals 1 Kilo leichter. Die Prioritäten, welche das Occam LT setzt, sind ganz klar: Es will bergab Spaß machen.



Unser Testeindruck vom Orbea Occam LT im Singletrail
Das neue Occam LT fühlt sich steifer und souveräner an als die SL-Version. Obwohl sich beide Bikes denselben Hauptrahmen teilen, machen die 36er-Gabel und auch die stabileren Reifen den entscheidenden Unterschied auf dem Trail. Auch beim harten Anbremsen, im Geröll oder bei Landungen hat man hier stets das Gefühl, dass das Bike den Fahrerinput perfekt umsetzt.

Durch sein geringes Gewicht ist das Occam LT eines der wenigen 160er-Bikes, das auch auf flachen, flowigen Passagen Spaß macht. Denn es braucht keine Nackenmuskulatur eines Bodybuilders, um das Bike zur spontanen Flugeinlage oder zum Richtungswechsel zu überreden.
Anders als bei vielen Enduros hat der Hinterbau einen relativ hohen Anti-Rise-Wert. Im Bereich des Sags liegt der bei ca. 100 %. Das heißt: In dem Bereich hat die Hinterradbremse keinen Einfluss auf den Hinterbau. Auf den ersten 40 mm Federweg liegt dieser aber deutlich über 100 %, was den Hinterbau beim Anbremsen in diesem Bereich stabilisiert und nach unten drückt. So kommt ein sehr definiertes Gefühl der Hinterradfederung in der Abfahrt zustande.
Mit der Tretlagereinstellung auf „Low“ fällt das Tretlager auf tiefe 36 mm unter die Nabenachse. Geil in Kurven und wenn es steil wird. Auf flowigen Trails war die Balance aber geiler im „High“-Setting. Je nach Terrain auf dem Hometrail ist das High-Setting hier definitiv einen Versuch wert. Der Unterschied zwischen den Einstellungen ist spürbar.
Das neue Occam „verschwindet unter dem Fahrer“ – es lenkt nicht vom Trail ab, sondern unterstützt, egal ob in flowigen Passagen oder im ruppigen Gelände. Verglichen mit Bikes wie Ibis Ripmo, Yeti SB140 oder Stumpjumper Evo ordnet es sich klar in der Liga der vielseitigen Allrounder ein, mit einer leicht verspielteren Note.








Pro
- steiferer Rahmen
- sehr vielseitig, von Tour bis Enduro-Rennen
- verspieltes Handling
- moderne Geometrie
- schicke Details
- über MYO individuell konfigurierbar
Contra
- relativ teuer (aktuell aber oft rabattiert)
- Fahrwerkssetup komplex
- nur spezifische Spacer möglich

Fazit zum Orbea Occam LT
Das Orbea Occam 2024 ist ein Enduro, das endlich nicht beim Gewicht völlig über die Stränge schlägt. Mit seinen 160 mm Federweg und unter 15 Kilo vereint es Verspieltheit mit genügend Reserven für härteres Terrain. Damit ist es ein sehr guter Allrounder und positioniert sich ganz klar als perfekte Alternative zu Klassikern wie dem Santa Cruz Hightower, die bei gleichem Federweg immer schwerer werden oder deutlich teurer sind. Stimmige Details runden den sehr guten Eindruck des Testbikes ab.
