Speed Company Racing Blog
Lukas Baum holt Bronze bei der WM

Das Speed Company Racing Team stellt die etablierte Welt des Mountainbike Rennsports auf den Kopf. Als Freunde mit familiärer Unterstützung gewannen Egger und Baum 2022 das Cape Epic.

In unserer Serie Glasgow Goals ließ uns das Speed Company Racing Team an der Vorbereitung auf die WM in Glasgow teilhaben. Und wie es sich für eine gute Serie gehört, gibt es auch hier ein Happy End. Lukas Baum rockt die Marathon-WM und wird Dritter. Klar, dass wir „Mr. No Pussy Tactics“ nach so einem Erfolg zum Interview bitten.

Lukas Baum marathon WM Glasgow
Er liebt Mountainbikes und der liebt das Podium. Wir würden sagen Lukas Baum hat die richtige Berufswahl getroffen. Nach dem Sieg beim Cape Epic, untermauert er seine Form bei der Marathon WM in Glasgow mit dem dritten Platz hinter Henrique Avancini und Martin Stosek.

Was bisher im Speed Company Racing Blog geschah:

Lukas, Glückwunsch zur Bronze Medaille bei der Marathon WM. Du warst mit Henrique Avancini lange in der Führung. Wär vielleicht sogar mehr drin gewesen?

Ich mache kein Geheimnis darum: Es war mein klares Ziel, die Streifen auf der Brust und an den Ärmeln zu holen. Ich bin das Rennen deshalb von Anfang an offensiv angegangen. Mit einer Attacke, ich indirekt das Feld lange vor der finalen Rennphase gesprengt. So eine Attacke fährst du auch nur, wenn du realistische Chancen auf den Sieg siehst.

Ich habe mich lange Zeit während des Rennens richtig gut gefühlt. Der Traum vom Titel schien sich vor meinen Augen förmlich zu realisieren. Leider sind mir dann am letzten Anstieg die altbekannten Körner ausgegangen. Nach über 3,5 h in der Führung musste ich mich in den letzten 25 Minuten mit Rang 3 anfreunden. So gesehen, glaube ich nicht, dass mehr drin gewesen wäre. Ich habe alles versucht.

Du bist mit dem Ausdruck "No Pussy Tactics" beim Cape Epic bekannt geworden. Kann ein Lukas Baum auch zurückhaltend Rennen fahren?

Leider war ich noch nie wirklich gezwungen, mit rein taktischen Manövern Rennen zu gewinnen. Das ist wahrscheinlich der Hauptgrund, weshalb ich das auch nicht kann.  All meine Erfolge sind das Ergebnis aus der Kombination von guten Beinen und einer offensiven Fahrweise. Vielleicht verlasse ich mich da aber auch zu sehr auf mein Talent.

Gut vorstellbar, dass mit etwas mehr Taktik noch mehr drin ist. Letztlich ist mir der offensive Fahrstil aber selten zum Verhängnis geworden.  Bei dem Thema hab ich aber auch immer einen alten Spruch von den Pfälzer-Sonntags-Kriterien im Kopf:

Lieber von vorn sterben, als hinten nichts erben.

Bei der WM lag es aber nicht an der Fahrweise, dass mir der Sprit im letzten Anstieg ausgegangen ist. Ich glaube, da waren es andere Faktoren.

Lukas Baum WM Glasgow
Wo er ist, ist vorne. Lukas Baum (links) scheut keine Führungsarbeit. Der Ausdruck "no pussy tactics" hat ihn zur Rennfahrer-Legende gemacht.
Bronze bei der Marathon WM
Dieser Mann weiß, wie man Rennen fährt. Schon bei den Junioren ist Lukas Baum Cross Country Weltmeister geworden.
Speed Company Racing Marathon WM Glasgow
Lange führte Baum zusammen mit Avancini das Rennen in Glasgow an. Auf den letzten Kilometern musst er den Brasilianer allerdings ziehen lassen.

Du warst bei den Junioren sogar Weltmeister im Cross Country. Welcher Erfolg bedeutet dir mehr? Die Bronze Medaille in der Elite Klasse oder die Regenbogenstreifen aus dem Nachwuchsbereich?

Jeder Erfolg hat etwas für sich. Damals als erster großer internationaler Erfolg und jetzt als Bestätigung, dass Talent dann doch nicht vergeht. Dennoch weiß ich auch, dass man nur so gut ist wie das letzte Rennen. Jetzt in diesem Augenblick bedeutet mir der Erfolg in Glasgow mehr.

Bei den Junioren warst du der Überflieger. Weltmeister, Europameister und deutscher Meister in einer Saison. Danach wurde es ruhig um Lukas Baum. Was war los?

Ich habe über diese Frage lange philosophiert und wollte natürlich über die Jahre selbst eine Antwort darauf finden. Um dem Thema gerecht zu werden muss man sich den Podcast hier reinziehen.

Da bin ich wirklich intensiv darauf eingegangen. Um es kurz zu fassen: Ich war, wie viele andere erfolgreiche Nachwuchssportler, ausgebrannt. Ich war mental nicht mehr in der Lage die bestmögliche Leistung aus meinem Körper zu holen. Da mir mein Leben wichtiger war als Rennsport, habe ich damals die Reißleine gezogen.

Was hat dich nach der Phase bewegt, wieder in den Rennsport zurückzukehren?

Während Covid, bin ich ein ganzes Stück gereift. So banal das auch klingen mag: Ich habe in dieser Phase zu mir gefunden. Ich bin wieder auf das Rad gestiegen und hatte plötzlich ein fast göttliches Gefühl. Es hat sich so angefühlt, als wäre mein Körper für das Radfahren gemacht.

Und auf einmal kam die Freude zurück. Mit der Freude kam auch ziemlich schnell Form, und damit einher der Gedanke, dass ich dieses Potential nicht einfach wegwerfen darf. Gemeinsam mit Georg entstand dann Speed Company Racing und schwupp di wupp war ich back in business.

Youtube Video

Georg Egger und seit bei Etappenrennen mittlerweile die Top-Favoriten. Wärst du die WM lieber im Zweiter-Team gefahren?

Ich glaube, dann wären die Karten für uns noch besser gestanden. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir beide im zweier Team, gerade bei mehrtägigen Rennen, schwer zu schlagen sind.

Natürlich brauchen wir uns bei Einzelrennen auch nicht zu verstecken und jeder persönliche Erfolg gilt auch als Erfolg unseres Teams. Am Ende gewinnt Speed Company Racing und das macht mich stolz. Wenn Georg ein Rennen gewinnt ist das wie wenn ich selbst als Erster über die Ziellinie fahren würde.

Georg Egger und Lukas Baum
Durch dick und dünn. Lukas Baum und Georg Egger sind nicht nur Freunde, sondern derzeit wohl auch das gefürchtetste Duo bei Marathon Etappenrennen. Gemeinsam rocken sie als Speed Company Racing Team die Welt des Mountainbike-Sports auf ganz unkonventionelle Weiße.
Speed Compnay Racing in Glasgow
Unter sich. Egger und Baum genießen es, ohne Vorgaben von Teamchefs ihr eigenes Ding im Rennsport durchziehen zu können. Zwei brachialen Cape Epic Erfolge haben dem Speed Company Racing zum Team Kultstatus verholfen.

Dein Kollege Georg Egger hat sich die ganze Saison im Cross Country Worldcup versucht. Ist das nichts mehr für dich?

Ich habe für mich herausgefunden, dass ich eine realistische Siegchance als Grundvoraussetzung brauche, um mich voll auf ein Rennen fokussieren zu können. Leider habe ich durch meine Abstinenz jegliche UCI Punkte verloren. Für mich ist es aussichtslos, bei einem CC Worldcup eine gute Startposition zu erlangen.

Das Gute bei Marathon Rennen ist, hier entscheiden nur die Beine! Im Cross Country ist es sehr wichtig, das UCI-Punkte Spiel voll durchzuziehen, wenn du vorne mitfahren willst. Ich würde auch gerne das Cape Epic und Cross Country Worldcups gewinnen.

Aber bedauerlicherweise heiße ich nicht Schurter. Das Anforderungsprofil der Disziplinen ist so unterschiedlich, dass ich mich persönlich für eines der beiden entscheiden müsste um erfolgreich zu sein. Aktuell liegt mir Marathon einfach besser. Aber dennoch wird man mich bei dem ein oder andren XCO Rennen auch finden. Bei der deutschen Meisterschaft bin ich immerhin 5ter geworden.

Lukas Baum vom Speed Company Racing Team
Georg Egger war sowohl bei der Marathon als auch bei der Cross Country WM am Start. Platz 35 auf der Langstrecke und Platz 44 im Cross Country unterstreichen die Allround-Qualitäten von Egger.

Du lebst in Andorra. Warum hast du deiner Heimat den Rücken gekehrt?

Für mich hat Andorra eine persönliche Verbindung, da meine Frau hierher kommt. Und zum anderen genieße ich die Trainingsbedingungen, wie viele andere Profis in Andorra einfach. Ich als bekannter schön Wetter Fahrer hab mich also gerne der Liebe und dem Radsport wegen in den Süden treiben lassen.

Wie muss man sich dein Leben als Profi vorstellen? Kannst du uns einen Abriss davon in 3 Sätzen liefern?

Viele einsame Stunden mit sich selbst, um bei Tag X als erster über die Ziellinie zu fahren. Ich bin dankbar meinen Körper fast jeden Tag ans Limit bringen zu dürfen und durch den Sport mich selbst zu verwirklichen. In weiten Teilen ist das aber langweiliger, als man sich das als außenstehender Betrachter vorstellt. Für mich ist das aktuell aber genau das richtige.

Speed Company Racing Team
Lukas Baum überquert nach knapp 97 Kilometern und 4:16 Stunden Fahrzeit die Ziellinie als dritter der Marathon WM. Damit ist klar: Er zählt derzeit zu den schnellsten Marathonfahrern der Welt.

Du warst in Afrika bei einem Etappenrennen am Start. Was hat dort überwogen. Das Abenteuer oder der Wettkampf?

Das Rennen hatte definitiv Abenteuer-Charakter, auch wenn es natürlich knallhartes Racing war. Aber zwischen Giraffen, Zebras und Flusspferden Rennen zu fahren, ist auf jeden Fall etwas Besonderes.

Ich will mir solche Trips auch in Zukunft nicht vorenthalten, da genau solche Events gut für den Kopf sind, um im üblichen Rennplan nicht in einen “Alltags Trott” zu verfallen. Außerdem gibt es einem die Möglichkeit, Dinge aus einem ganz anderen Blickwinkel zu betrachten und einzuordnen. Der Trip war definitiv ein Augenöffner für mich.

Blickt man auf deine Erfolge zurück, liegt die Vermutung nahe, dass du dich ganz extrem auf singuläre Events vorbereiten kannst. Wo liegt dein Geheimnis für solche Erfolge wie in Glasgow?

Ich kenne meinen Körper gut und ich mache das ganze jetzt schon eine Weile. Neben dem Talent und Erfahrung, die ich mitbringe, habe ich gelernt Ziele klar zu definieren und gezielt darauf hinzuarbeiten. Ein wirkliches Geheimnis gibt es da aber nicht.

Der Speed Company Rennkalender offenbart noch ein Saisonhighlight. Mit welchem Ziel gehst du zur Marathon-DM?

Ich habe auch schon in unserer aktuellen Podcastfolge bei Speed Company Radio gesagt, dass ich dieses Jahr unbedingt ein Trikot haben will. Viele Chancen bleiben mir nicht, Gravel DM/EM und XCM DM. Das Ziel ist klar – schwarz – rot – gold.

Lukas, danke fürs Interview. Good luck and good legs für die restliche Saison!

Die Serienbikes der Marathon-WM Sieger 2023 im Vergleich

Auf bike-test.com liegt der volle Fokus natürlich aufs Material. Aber das Interview mit Lukas Baum war zu gut, um es euch vorzuenthalten. Natürlich haben wir neben dem Interview auch noch einen Bikecheck mit Eggers Bike gemacht.

Mittlerweile ist das Team von Sram gesponsort. Außerdem könnt ihr hier die Serienbikes von Martin Stosek und Lukas Baum miteinder vergleichen. Klar ist dabei: die Profi-Bikes weichen von der Ausstattung minimal ab.

Wer ernsthaft mit dem Gedanken spielt sich ein neues Racebike für die Marathon Saison zu holen, der findet hier eine komplette Kaufberatung mit den besten 2023er Modellen. Alle Fotos: Moritz Sauer

Über den Autor

Ludwig

... hat mehr als 100.000 Kilometer im Sattel von über 1000 unterschiedlichen Mountainbikes verbracht. Die Quintessenz aus vielen Stunden auf dem Trail: Mountainbikes sind geil, wenn sie zu den persönlichen Vorlieben passen! Mit dieser Erkenntnis hat er bike-test.com gegründet, um Bikern zu helfen, ein ganz persönliches Traumbike zu finden.

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