Scott Scale RC 2023 im ersten Test

Das brandneue Scott Scale untermauert mit seinen 24 Modellvarianten eine These eindeutig. Hardtails sind auch 2023 nicht tot! Neben einem klassischen Racehardtail aus Carbon zeigen die Schweizer von Scott auch eine neue Aluminiumplattform des Scales.

Scott präsentiert ein brandneues Scale

Fullys sind komfortabler, effizienter, haben mehr Grip und machen bergab mehr Spaß. Auch in unserem Kaufberatungsartikel „Hardtail vs. Fully“ kommen wir auf einer sachlichen Ebene zu einer erdrückenden Faktenlage gegen die Hardtails. Technisch gesehen sind Fullys das überlegene System. Wer jedoch aufgrund dieser Faktenlage Hardtails totsagen will, der hat noch nie länger als zwei Saisonen mit einem Fully verbracht.

Spätestens wenn die Hinterbaulager ausgeschlagen sind, der Hinterbau zu knarzen beginnt und der Dämpfer nach einem Service verlangt, wird klar, warum Hardtails auch 2023 noch ihre Berechtigung haben. Denn sie sind nicht nur deutlich günstiger und leichter. Hardtails sind auch die sorgloseren Bikes. Wer will kann die Fakten der beiden Konzepte hier auch ein zu eins gegeneinander Vergleichen:

Dank der Kombination aus puristischem Design und Fahrgefühl wird die Daseinsberechtigung von Hardtails niemals verschwinden. Und offensichtlich ist auch Scott dieser Meinung und haucht seinem Scale für 2023 neues Leben ein.

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Alt vs. Neu – was unterscheidet das neue Scott Scale von seinem Vorgänger?

Nachdem sich Scott im Fully Bereich mit dem Spark von klassischen 100 Millimeter Gabeln verabschiedet hat, hätten wir auch ein neues Scale RC mit 120 Millimeter Federweg an der Front erwartet. Aber wir haben uns getäuscht. Das neue Scott Scale RC bleibt ein klassisches Racehardtail mit 100 Millimeter Federweg vorne. Das neue Scale Konzept will also keine neuen Einsatzbereiche definieren, sondern viel mehr den absoluten Leichtbau mit einer langlebigen Konstruktion vereinen.

Wir haben den Scale RC SL Rahmen in Größe L inklusive Steckachse mit 933 Gramm gewogen. (die RC Worldcup und RC Versionen dürften 50 – 100 Gramm schwerer sein). Je nach Lackierung war der Vorgänger in ähnlichen Gewichtsregionen. Und das, obwohl Scott jedes erdenkliche Alu-Inlay im Vergleich zum alten Scale eingespart hat. Ist dieses neue Bike also überhaupt ein Fortschritt?

Das Motto des neuen Scales: Potentielle Defektquellen minimieren

Die Flaschenhalter-Ösen bestehen jetzt aus ultrahartem Kunststoff und werden in den Rahmen eingeklippt. Die Kettenführung wird ebenfalls mit einem austauschbaren Kunststoffgewinde am Rahmen befestigt. Die Gewinde für die Zugführungen im Steuerrohrbereich fallen (dank Leitungsführung durch den Steuersatz) komplett weg.

All diese Neuerungen reduzieren nicht nur Gewicht, sondern eliminieren auch potentielle Defektquellen für einen Rahmen. Und das macht ihn langlebiger. Auch der formschlüssige und robuste Kettenstrebenschutz trägt seinen Teil zu dieser Mission bei. Die deutlich voluminöseren Rohrformen und die gefühlt höhere Steifigkeit – vor allem im Lenkkopfbereich – erklären, warum man beim Gewicht dennoch kaum Fortschritte im Vergleich zum Vorgänger erzielen kann.

Auch wenn der Leichtbau mit Carbon deutlich konsequenter als beim Vorgänger umgesetzt wurde, ist die Gewichtsreduktion absolut gesehen nur minimal. Man kann auch sagen, dass Scott die Verbesserung der Fahreigenschaften und der Langlebigkeit des Bikes über einen neuen Gewichtsrekord priorisiert hat. Und dennoch gibt es beim neuen Scale auch ganz deutliche Änderungen, die man auch auf dem Trail spürt.

Scott Scale 2023 technische Neuheit Flaschenhalter
Metalleinsätze wurden im Rahmen an allen erdenklichen Stellen minimiert. Die Flaschenhalter Gewinde sind jetzt aus ultraharten Kunststoff und können bei Bedarf eingeklippt oder auch ausgetauscht werden.
Zugverlegung Scott Scale 2023
Wie auch bei den aktuellen Spark oder Genius Modellen werden die Züge für die Bremse oder Schaltung durch den Steuersatz verlegt. Dadurch fallen die bislang für die Leitungen nötigen Löcher im Unterrohr weg. So kann der Rahmen nochmals leichter konstruiert werden.

Deutliche Änderungen bei der Geometrie des neuen Scales

Länger und flacher sind die Schlagworte, die aktuell bei nahezu jeder Neuheitenvorstellung fallen. Aber beim Scott Scale sollte man vor allem das Wort „tiefer“ nicht vergessen. Aber der Reihe nach.

Der Lenkwinkel wird beim neuen Spark mit 67,3 Grad nicht nur deutlich flacher als beim Vorgänger, er ist dank dem bekannten Steuersatz aus dem Spark auch um 0,6 Grad für persönliche Vorlieben verstellbar. Auch der Reach wächst. Das Oberrohr bleibt dank steilerem Sitzwinkel in etwa gleich lang. Auf dem Trail ist aber vor allem das niedrigere Tretlager spürbar. In der Abfahrt steht man so nämlich deutlich sicherer als beim alten Modell hinter dem Lenker, was das Handling des neuen Scales nochmal intuitiver macht.

Die alte Geometrie von 2017 wurde also deutlich zum Besseren entwickelt. Die Sitzposition bleibt sportlich, das Handling wird aber intuitiver.
Hier könnt ihr die Geometriedaten des alten 2022er und des neuen 2023er Scales 1 zu 1 miteinander vergleichen:

Die Standards des neuen Scott Scales

Bei den Standards ändert sich im Vergleich zum Vorgänger nur das Maß des Steuersatzes. Wer will, kann seinen Rahmen also auch relativ leicht updaten. Scott bietet alle Carbonrahmen des Scales auch einzeln an.

  • Tretlager: Pressfit
  • Einbaumaß Hinterrad: 12×148
  • Sattelklemme: 35 mm
  • Sattelstütze: 31,6 mm
  • Steuersatz: ZS56/28.6 – ZS56/40 MTB
  • Leitungsführung: integriert, durch den Steuersatz
  • Reifenfreiheit hinten: bis zu 2,5 Zoll Breite
Scott Scale 2023 Praxis Test
Wir hatten die Möglichkeit das neue Scale bereits vor dem Verkaufsstart ausgiebig zu fahren. Mit 8,9 Kilo ohne Pedale stellte sich nicht nur in den Anstiegen ein berauschendes Fahrgefühl ein.
Scott Scale RC SL
Das Topmodell der neuen Scale Reihe vereint Glamour und Funktion. Für 13999 € bekommt man ein 8,9 Kilo leichtes Bikes. Mehr Infos dazu in unserem Video. Die bezahlbaren Versionen findet ihr weiter unten im Artikel

Die spannendsten Konkurrenten des neuen Scott Scales

Auch wenn die Innovationen eher in den aktuellen Fullys stecken, war im Hardtail-Markt in letzter Zeit viel Bewegung. Einzig das Specialized Epic HT, welches bereits 2017 erstmals präsentiert wurde, kann als Konstante im Markt bezeichnet werden. Star-Entwickler Peter Denk hat den Rahmen damals nicht nur zeitlos, sondern auch extrem leicht konstruiert.

Geometrie und Gewicht sind auch heute noch voll konkurrenzfähig. Deutlich mehr Bewegung hat zuletzt Cannondale mit seinem neuen Scalpel HT mit 110 Millimeter Federweg und einer abfahrtsorientierten Ausrichtung in den Markt gebracht. Mondraker hatte 2021 angekündigt, dass der Rahmen seines neuen Podiums unter 800 Gramm wiegen werde. Wir würden diese nie da gewesene Benchmark in Sachen Gewicht gerne mal nachwiegen.

Simplon beweist mit seinem Razorblade zuletzt mit 830 Gramm Rahmengewicht inklusive Steckachse, dass diese Dimensionen möglich sind. Cervelo traut sich mit dem ZHT-5 als klassische Rennradmarke erstmals in den MTB-Markt, kann aber weder bei Geometrie, noch bei Gewicht absolut neue Akzente setzen.

Canyons aktuelles Exceed hat nicht nur einen deutlich leichteren Rahmen als das Cervelo, sondern auch geschickte Details. Mit einem integrierten Lenkanschlagsbegrenzer setzt es sich beispielsweise von der Menge der Hardtails ab.

Alle 2023er Scale Modelle - die bezahlbaren RC Modellvarianten

Auch die Alu Version des Scales wird komplett überarbeitet

Nicht nur die prestigeträchtigen Carbon Modelle des Scales bekommen einen neuen Rahmen. Auch die deutlich günstigeren Alu Hardtails werden upgedatet. Wie beim Spark gelingt es den Schweizern auch beim Scale die Optik vom Carbon Rahmen auf das günstigere Alu Chassis zu übertragen.

Neben der Optik werden auch die wichtigsten Features wie die Leitungsführung durch den Steuersatz und der verstellbare Lenkwinkel auf die Aluminium Modelle übertragen. So kann bei Bedarf im Nachgang nicht nur eine längere 110er Gabel verbaut werden, sondern auch der Lenkwinkel an individuelle Vorlieben angepasst werden.

Alle Alu Modelle kannst du dir hier ansehen

Wer mehr Infos zu günstigen Alu Bikes für MTB Anfänger sucht, wird hier fündig. 

Und natürlich hat Scott auch an die Damen gedacht und wie immer eine Contessa Reihe Entwickelt. Hier alle 2023 Scale Contessas zum stöbern:

Fazit zum neuen 2023er Scott Scale

Das alte Scale war das erfolgreichste Hardtail im Cross Country Worldcup. Aber nach über 5 Jahren auf dem Markt und den Rennstrecken dieser Welt wurde es Zeit für ein Update.

Anstatt die neue Konstruktion gnadenlos dem Kampf um das geringste Rahmengewicht unterzuordnen, geht Scott sinnvolle Schritte in Richtung Langlebigkeit. Die austauschbaren Gewinde der Flaschenhalter stehen hier als Symbolbild für eine neue Ära des sinnvollen Leichtbaus. Die größte Neuerung des neuen Scales steckt tatsächlich im Update der Geometrie.

Mit dem deutlich flacheren Lenkwinkel und dem tieferen Tretlager fährt sich das neue Scale auch in ruppigen Trailabschnitten souveräner als sein Vorgänger. Und natürlich muss man auch die super aufgeräumte Optik des Bikes erwähnen. Wir hatten die Ehre das Scott Scale RS SL schon vor der Vorstellung zu fahren und waren vom Gesamteindruck des 8,9 Kilo leichten Bikes begeistert. Scott gelingt mit dem Scale eine sinnvolle Neuauflage seines Klassikers.

Über den Autor

Ludwig

... hat mehr als 100.000 Kilometer im Sattel von über 1000 unterschiedlichen Mountainbikes verbracht. Die Quintessenz aus vielen Stunden auf dem Trail: Mountainbikes sind geil, wenn sie zu den persönlichen Vorlieben passen! Mit dieser Erkenntnis hat er bike-test.com gegründet, um Bikern zu helfen, ein ganz persönliches Traumbike zu finden.

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