Weniger Federweg = mehr Fahrspaß?

Pivot Trail 429 Testbericht

Pivot Bikes sind geil, aber verdammt teuer. Mit der Vorstellung des neuen Pivot Trailcat sind die Preise für dessen Vorgänger aber radikal gefallen. Ist das vermeintlich alte Pivot Trail 429 jetzt ein Trailbike-Deal, den man nicht mehr ausschlagen kann?

Pivot Trail 429 Test
Wie viel Fahrspaß steckt noch im Pivot Trail 429?

Die Evolution des Bikesports lässt sich wie folgt zuspitzen: Erst haben sich Mountainbikes mit Fahrwerken und Scheibenbremsen den rauen Gegebenheiten der Natur angepasst. Und als man konstruktiv so weit war, dass die natürlichen Trails nicht mehr ausreichten, um ein modernes Bike ans Limit zu bringen, hat man begonnen, Bikeparks und künstliche Strecken zu bauen.

Damit begann eine Dauerspirale in der Entwicklung des Bikesports, mit der nicht jeder glücklich war. Der zunehmende Fokus auf die Abfahrt und den Adrenalinkick wird marketingtechnisch voll ausgeschöpft. Das allgemeine Credo – mehr Federweg bedeutet mehr Action und damit mehr Spaß – repräsentiert aber nicht für jeden den Sinn des Mountainbikens.

Viele sehen in mehr Federweg und mehr Action vor allem auch mehr Risiko. Und vielerorts gibt es schlichtweg nicht die Strecken, um moderne Abfahrtsmaschinen wie z. B. das Santa Cruz Bronson V5 2025 im Test artgerecht auszuführen. Pivot baute mit seinem Trail 429 (Vorfahre des neuen Trailcat) ein Bike, das zu den Wurzeln des Bikesports zurückkehrt. Mit wenig Federweg stellt es den Leichtbau und die Tourentauglichkeit an erste Stelle. Wie viel Spaß liegt in diesem Konzept?

Pivot Trail 429
Mit 130 mm Federweg an der Gabel ist das Bike ein klassisches Trailbike, das sich nicht nur bergab beweisen muss.

Rahmen & Federung – leicht, stabil und modern

Das Pivot Trail 429 verfügt über einen Carbonrahmen mit vertikaler Dämpferanordnung – eine bewährte Bauweise, die auch bei den Modellen Mach 4 SL, Switchblade und Mach 6 zum Einsatz kommt.

Die Trunnion-Montage des Dämpfers sorgt für eine kompakte Bauweise, mehr Platz für lange Dropper-Posts und eine größere Rahmensteifigkeit. Pivot setzt auf hochmoduliges Carbon, wodurch das Rahmenset (inkl. Dämpfer) nur 2,7 kg wiegt.

Das DW-Link-Hinterbausystem unterstreicht mit seinen groß dimensionierten Lagern zudem die hohe Steifigkeit des Bikes. Der Hinterbau bietet 120 mm Federweg, während an der Front je nach Variante eine 130-mm- oder 140-mm-Federgabel verbaut ist. Damit bewegt sich das Trail 429 in direkter Konkurrenz zu Bikes wie dem Santa Cruz Tallboy im Vergleich , Cube Stereo One22 2025 im Test oder dem Rocky Mountain Element 2025 Test . Bikes wie das aktuelle Specialized Stumpjumper 15 Test oder das Canyon Spectral CF 2024 im Test haben mit 150-mm-Gabeln deutlich mehr Federweg.

Fox 34 Factory
Unser Testbike hatte eine 130-mm-Gabel. Optional gibt es das Trail 429 aber auch mit 140 mm Federweg vorne.
Rocky Mountain Element
Bikes wie das Rocky Mountain Element spielen in derselben Federwegsklasse, sind aber etwas leichter.
Cube Stereo One22
Das Cube Stereo One22 setzt in der 130-mm-Klasse mit unter 12 Kilo aktuell die Bestmarke bei den Trailbikes.

Immer noch legendär: Der DW-Link-Hinterbau

Das Kürzel DW in der Hinterbaubezeichnung verrät: Hier hat Entwicklerlegende Dave Weagle seine Finger im Spiel. Seit er in den 2000er-Jahren mit seinen Ironhorse-Bikes zur Legende unter Entwicklern aufstieg, ist ein DW-Link-Hinterbau so etwas wie ein Gütesiegel für Fullys. Der Mann hat mehrmals bewiesen, dass er weiß, was er tut. Gleiches können wir auch nach dem Test des Trail 429 bestätigen.

Der DW-Link-Hinterbau gehört zur DNA von Pivot wie die Sterne zur Flagge der USA. Mit seinem geschlossenen hinteren Rahmendreieck und den kurzen Umlenkhebeln ist er nicht nur besonders steif. Uns hat er in der Praxis auch mit seiner Funktion überzeugt. Die starke Progression kaschiert den mit 120 mm knapp bemessenen Federweg am Hinterbau gut.

Der Hinterbau kompensiert seinen nominal geringen Federweg mit einer starken Progression. Auch bei großen Schlägen rauscht er so nicht durch den Federweg. Die Antriebseinflüsse bleiben um den Sag-Punkt herum sehr gering. Dieser Praxiseindruck wird von einem Antisquat-Wert von deutlich über 100 % bestätigt.

Der hohe Anti-Rise-Wert sorgt dagegen dafür, dass die Geometrie beim Bremsen aufrecht erhalten wird. Es gibt vor allem im tieferen Federweg Bikes, die fluffiger unterwegs sind. Aber das Trail 429 weiß mit seinem knapp bemessenen Federweg im Heck gut zu haushalten. Der Hinterbau versinkt zu keinem Zeitpunkt im Federweg und fühlt sich dennoch nach etwas mehr als den 120 mm Federweg an, die Pivot angibt.

DW-Link-Hinterbau
Das geschlossene hintere Rahmendreieck sorgt in Verbindung mit dem Trunion-Mount-Dämpfer für ein steifes Chassis.

Geometrie – Länger, flacher, moderner

Die Eckdaten der Geometrie entsprechen dem, was man von anderen Bikes in dieser Federwegsklasse kennt:

  • Lenkwinkel:: flachere 66° für mehr Laufruhe
  • Sitzwinkel:: steilere 75° für eine bessere Kletterposition
  • Reach:: deutlich verlängert (z. B. Größe M von 439 mm auf 455 mm)
  • Tretlagerabsenkung:: 33 mm für mehr Stabilität

Eine Besonderheit ist der anpassbare Hinterbau, der sowohl 29-Zoll- als auch 27,5-Plus-Laufräder aufnehmen kann. Zudem lässt sich das Bike als Mullet-Setup (29″ vorne, 27,5″ hinten) fahren.

Dank des Flip-Chips kann die Geometrie zusätzlich angepasst werden: Im „Low“-Setting steht das Bike tiefer und laufruhiger, im „High“-Setting hebt sich das Tretlager um 6 mm, wodurch sich der Lenkwinkel um 0,5° steiler stellt.

Trailbike-Test
Das Pivot Trail 429 muss als Tourenbike auch bergauf Spaß machen. Deshalb sind wir froh, dass die Geo nicht zu abfahrtslastig ausfällt.

Fahreindruck – Spritzig, effizient & vielseitig

Kletterverhalten

Unser Testbike brachte glatte 13 kg ohne Pedale auf die Waage. Damit ist es deutlich schwerer als Cube Stereo One22 2025 im Test und auch das Rocky Mountain Element 2025 im Test . Aber es hat mit Maxxis Dissector-Reifen und einer 4-Kolben-Bremsanlage von Shimano auch eine abfahrtslastigere Ausstattung. So gesehen geht das Mehrgewicht in Ordnung, bleibt im Anstieg aber natürlich spürbar.

Auch wenn der Hinterbau effizient arbeitet, muss das Pivot im Uphill die sportlicheren 130-mm-Trailbikes ziehen lassen. Wer mit dem Start beim Marathon liebäugelt, wird anderswo etwas glücklicher oder sollte sich zumindest leichtere, besser rollende Reifen aufziehen. Bergab wendet sich dagegen das Blatt für Pivots Trail 429.

Trailbike-Gewicht
Wie alle Testbikes muss sich auch das Pivot Trail 429 auf unserer Werkstattwaage beweisen.
Pivot Trail 429 Gewicht
Mit 13 Kilo fällt das Gewicht gut, aber nicht sensationell aus.
Specialized Stumpjumper Gewicht
Bei ähnlichem Preis ist es aber immer noch 700 Gramm leichter als das Specialized Stumpjumper 15, das dafür mehr Federweg hat.
Shimano XT-Bremse
Mit einer soliden 4-Kolben-Bremsanlage und guten Reifen wurde nicht an der Ausstattung gespart.

Abfahrtsverhalten

Mit seinem langen Reach und der modernen Geometrie vermittelt das Trail 429 viel Sicherheit auf schnellen und technischen Trails. Trotz des geringen Gewichts von 13 kg bleibt das Bike ruhig und spurtreu. Der progressive Hinterbau sorgt für eine kontrollierte Federung und verhindert Durchschläge.

Die 34-Gabel von Fox passt zum Einsatzgebiet und verarbeitet die Schläge vom Untergrund perfekt. Dank des kurzen Hinterbaus bleibt das Bike agil und verspielt. Hier liegt ein großer Unterschied zu aktuellen Bikes mit mehr Federweg. Denn die Kombination aus kurzem Hinterbau, wenig Gewicht und knappem Federweg macht auch zahmen Trails jede Menge Spaß. Hier erstickt der Fahrspaß aktueller All-Mountains oftmals komplett im üppigen Federweg.

Pivot Trail 429
Das Pivot Trail 429 zieht bergab seine Linien unaufgeregt. Wer sich nach einem sicheren Fahrgefühl sehnt, ist hier goldrichtig.

Pro

  • Top-Hinterbau
  • gute Verarbeitung
  • sicheres Fahrverhalten

Contra

  • Es gibt schon einen Nachfolger.
  • teuer
  • nicht super leicht

Fazit – Ein echtes Trail-Bike-Highlight

Das Pivot Trail 429 ist ein modernes, vielseitiges und beeindruckend effizientes Trail-Bike. Es bietet eine hervorragende Kletterperformance, erstklassige Fahrwerksabstimmung und eine sehr durchdachte Geometrie. Mit 13 kg bleibt es ein geniales Bike für lange Touren in den Alpen oder Mittelgebirgen. Denn es lässt sich deutlich besser beschleunigen als die oftmals schwerfälligen Enduro-Bikes.

Über den Autor

Ludwig Döhl

... hat mehr als 100.000 Kilometer im Sattel von über 1000 unterschiedlichen Mountainbikes verbracht. Die Quintessenz aus vielen Stunden auf dem Trail: Mountainbikes sind geil, wenn sie zu den persönlichen Vorlieben passen! Mit dieser Erkenntnis hat er bike-test.com gegründet, um Bikern zu helfen, ein ganz persönliches Traumbike zu finden.

Empfohlen für dich

Cube Stereo One22 2025 im Test

Cube zieht die Reißleine bei der Inflation. Das 2025er Stereo One22 Trailbike bekommt ...

Ist das Mountainbike falsch abgebogen?

Maxi Dickerhoff hat sein Leben dem Mountainbike verschrieben. Er hat als Redakteur bei ...

Alutech Pelmo first Look

Auf der Eurobike gab es vor allem eins: Viel Rummel um neue Elektromotoren. Während es ...

Specialized Chisel Fully im Check

Das neue Specialized Chisel Fully ist der konsequente Gegenentwurf zu dem, was Speciali...