Braucht ein Racehardtail 120 mm Federweg?
Rose PDQ im Test

Das Rose PDQ hat nicht nur 120 Millimeter Federweg, sondern ab Werk auch eine Teleskopstütze. Ist dieses Bike noch ein Racehardtail oder liebäugelt das Konzept womöglich mit einer ganz anderen Zielgruppe?

Youtube Video

Im Startblock A waren die Plätze bisher vergeben. Bikes wie das Cube Elite, das Canyon Exceed, Scott Scale oder das Cannondale Scalpel HT sind die heißen Carbon Hardtails für Ausdauerfans.

Wer sich bisher für Racehardtails interessierte, hat eher kein Bike von Rose auf dem Schirm gehabt. Das Psycho Path Hardtail hat zuletzt bei Geometrie und Standards deutlich Staub angesetzt.

Das neue Rose PDQ, was übrigens die Abkürzung für Pretty Damn Quick ist, steht im krassen Kontrast zu dem, was Rose bisher im Bereich Carbon Hardtail im Webshop anbot.Mit 120 Millimeter Federweg, Teleskopstütze und 2,4er-Reifen lehnt sich der Bocholter Direktversender mächtig aus dem Fenster.

Kann das Donwcountry-Konzept, das man von Racefullys kennt, auch im Bereich der Hardtails funktionieren?

Rose PDQ 5 Test
120 Millimeter Federweg, Teleskopstütze und dicke 2,4er Reifen. Ist das neue Rose PDQ noch ein Racehardtail?
Rock Shox Sid am Rose PDQ
Der Blick auf die Waage verrät, dass dieses Bike definitiv Ambitionen für den ersten Startblock in der Marathon Szene hat.
Dämpfer am Rose PDQ
10 Kilo inklusive Pedale (Shimano XT mit ca. 350 g) und Flaschenhalter (King Cage ca. 55 g) zeigt die Waage. Pretty Damn Light!

10 Kilo - Das Rose PDQ bleibt leicht

Wichtiger Indikator, um die Frage nach dem Einsatzbereich zu beantworten: Das Gewicht! Unsere Waage bleibt inklusive Pedale und Flaschenhalter bei exakt 10 Kilo stehen.

Zum Vergleich: Das Cannondale Scalpel HT, das wir ebenfalls getestet haben (inkl. Video), hat mit 110 Millimeter Federweg und ohne Teleskopstütze ebenfalls 10 Kilo auf die Waage gebracht. Für die trailorientierte Ausstattung ist das Bike wirklich verdammt leicht.

Der neue Startblock A in der Marathon Szene?

Grundlage dafür legt natürlich der Rahmen. Wir haben keine Mühen gescheut, haben das komplette Bike zerlegt und den Rahmen auf die Waage gelegt.

Siehe da: Die Neuentwicklung bringt in der Rahmengröße M, inklusive der Gummischoner, 1048 Gramm auf die Waage. Wer es ganz genau wissen will – die Steckachse wiegt 45 Gramm. Ein Schaltauge schlägt mit weiteren 28 Gramm zu Buche.

Damit ist klar: Das Bike hat trotz mehr Federweg und Teleskopstütze den Anspruch bei Marathon Rennen vorn mitzufahren. Das neue PDQ will also die etablierte Rangordnung unter den Carbon Hardtails mit mehr Federweg und niedrigem Gewicht durcheinander bringen.

Zugverlegung, Lenkanschlagsbegrenzer und Tretlager am Rose PDQ Rahmens

Jeder, der schon mal ein Racehardtail hatte, weiß, dass ein Lenkanschlagsbegrenzer wirklich Gold wert ist. Dieses Gimmick verhindert nämlich, dass die Schalt oder Bremshebel bei einem Sturz das komplette Oberrohr zerkratzen oder zerstören.

Und das Ganze ist kein theoretischer Schutz, sondern hat sich in der Praxis wirklich bewährt. Rose versteckt diesen Begrenzer am unteren Ende des Steuerrohrs wirklich perfekt.

Rose PDQ im Test
Die Bremsleitung verläuft durch Lenker, Spacer und Steuersatz. Im Gegensatz zum zuletzt vorgestellten Cervelo ZFS 5 gibt es hier die volle Integration für eine aufgeräumte Optik.
Rock Shox Sid am Rose PDQ
Der Lenkanschlagsbegrenzer ist an der Unterseite des Steuerrohrs integriert und verhindert, dass bei einem Sturz der Rahmen durch den Lenker beschädigt wird.
Tretlager Rose PDQ
Beim Tretlager setzt Rose auf den Pressfit-Standard. In Kombination mit einem Carbon Rahmen bietet dieser einen guten Kompromiss aus Leichtbau und Steifigkeit.

Apropos Steuersatz: Wie bei den meisten Neuvorstellungen verschwinden auch hier die Züge, oder besser gesagt die letzte verbleibende Bremsleitung, durch den Steuersatz ins Innere des Rahmens. Der Vorteil: Es schaut einfach geil aus. Der Nachteil, den viele dabei befürchten: Die Wartung ist katastrophal komplex.

Wir haben das Bike zum Wiegen einmal komplett zerlegt und können die Befürchtungen großteils entkräften. Erst mal hat unser Testbike (das Topmodell) nur eine Bremsleitung, die man durch den Rahmen verlegen muss. Alles andere (Schaltung & Sattelstütze) funktioniert hier per Funk.

Tatsächlich ist es deutlich angenehmer, die Bremsleitung durch die große Steuerrohröffnung zu fädeln und nicht durch ein kleines Fenster am Steuerrohr. Der Nachteil: Zum Steuersatzlager wechseln muss man die Bremsleitung öffnen.

Verkraftbar, denn vor allem das obere Lager des Steuersatzes wechselt man nicht alle Tage. Beim Tretlager setzt Rose auf den Pressfit-Standard. Bei dem Rose Bonero aus Aluminium, das wir auch mal im Test hatten, haben wir das geschraubte BSA-Tretlager gelobt.

Wenn man als Konstrukteur Leichtbau, Steifigkeit und Langlebigkeit unter einen Hut bringen will, vereint der Pressfit-Standard bei Carbon Rahmen einfach die größte Schnittmenge. Die Pille, dass der Tretlagerwechsel dabei etwas martialisch ausfällt, muss man schlucken.

Rahmengewicht Rose PDQ
Der Flatmount Bremsstandard vom Rennrad setzt sich an immer mehr Mountainbikes durch. Der Vorteil: Die Gewinde zur Befestigung liegen im Bremssattel und nicht im Rahmen. Das reduziert das Defektrisiko.
Zugführung am Rose PDQ
Sowohl am Unterrohr als auch an der Kettenstrebe sind üppige Gummischoner angebracht. Dank UDH-Schaltauge lässt sich auch die [link id="26477"]neue Sram Transmission Schaltung[/link] montieren.
Pretty Damn Quick
Pretty Damn Quick. Ein zierlicher Schriftzug auf der Sitzstrebe verrät, was die Abkürzung PDQ bedeutet.

Und hinten rum? Bremsaufnahme und Schaltauge am Rose PDQ

Gefällig: die Flatmount-Bremsaufnahme am Rahmen. Hier steckt das Gewinde für die Bremse nämlich nicht im Rahmen, sondern in der Bremse. Wenn man die Schrauben mal falsch am Gewinde ansetzt, geht das günstige Teil kaputt. Außerdem kommt man zum Einstellen an die Schrauben unten an den Kettenstreben deutlich besser ran, als wenn sie im Rahmendreieck versteckt sind.

Beim Schaltauge lässt Rose nichts anbrennen und verbaut Srams UDH-Standard. Am Topmodell ist die neue Transmission Schaltung von Sram verbaut, die nur mit diesem Standard kompatibel ist. Das Bike ist also future ready. Die große Frage bleibt natürlich: Wie fährt sich das Bike mit 120 Millimeter Federweg im Gelände?

  • Tretlager: Pressfit
  • Laufradgröße: 29 Zoll
  • Einbaumaß Hinterrad: 148×12
  • Leitungsführung: durch den Steuersatz
  • Flaschenhalter: Platz für zwei Flaschen
  • Schaltauge: Sram UDH Standard
Rose PDQ im Anstieg
Auch mit viel Federweg bleibt die Sitzposition des Rose PDQ auf der sportlichen Seite.

So sitzt man auf dem Rose PDQ

Schon auf den ersten Metern mit dem Bike kommt die sportliche Ausrichtung der Sitzposition zum Vorschein. Der hohe Reach Wert sorgt für ein langes Oberrohr, trotz 75 Grad steilem Sitzwinkel.

Bei abfahrtslastigeren Bikes fällt der Sitzwinkel mit 76 Grad oft noch steiler aus. Aber steiler ist hier nicht immer besser. Mit so einem sportlich ausgerichteten Bike will man ja auch auf der Geraden Gas geben. Wenn der Sitzwinkel hier zu steil wird, lässt sich der Nachsitz auf so einem Bike nicht mehr korrekt einstellen. Sprich der Sattel ist zu weit vorn positioniert. Wir haben es probiert und das Lot durch die Kniescheibe gefällt.

Und tatsächlich lässt dieses Bike selbst mit gerader Stütze die perfekte Satteleinstellung zu. Wenn man drei Stunden und länger im Sattel sitzt, ist das wirklich wichtig, um nicht mit Knieproblemen zu kämpfen.

Rose PDQ im Anstieg
Der breit abgestützte Übergang vom Vorbau zum Lenker eliminiert einen der größten Angriffspunkte für die Verwindung.
Zugführung am Rose PDQ
Auch die 35 Millimeter dicken Standrohre der 120er Rock Shox Sid Gabel erhöhen die Steifigkeit des Komplettbikes deutlich
PDQ in Action
Im Praxistest erweist sich das Rose PDQ in der Abfahrt als lenkpräzise. Auch im Wiegetritt ist keine Verwindung zu spüren.

Komfort und Rahmensteifigkeit - völlig überbewertet

Bei Racehardtails ist der Komfort ja immer eine heiß diskutierte Sache. Viele fragen sich da immer: Flext die Stütze oder der Rahmen hier genug? Und da ist natürlich klar, dass die verbaute Teleskopstütze hier kaum etwas macht. Aber die wirklich breiten Reifen verzeihen da schon so viel, dass 2-3 Millimeter Flex an der Sattelstütze in der Gesamtbetrachtung hinten runterfallen. Ähnliches gilt für die Rahmensteifigkeit.

Über Jahrzehnte haben vor allem Racer die puren Werte von der Rahmensteifigkeit miteinander verglichen. Kann man machen, aber so ein Prüfstandstest für den Rahmen ist natürlich nur eine Seite. Die größte Schwäche in puncto Steifigkeit, vor allem bei XC-Bikes, lag immer woanders.

Der Übergang vom Vorbau zum Lenker war immer ein großer Schwachpunkt. Schmächtige, verwindungsanfällige Federgabeln prägen das Fahrgefühl deutlich stärker als der Rahmen. Und genau diese Schwachstellen hat das Rose PDQ nicht mehr. Der Übergang vom Lenker zum Vorbau ist bei der Rose Carbon Einheit super breit abgestützt und dementsprechend steif.

Die 120er Rock Shox Sid hat 35 mm dicke Standrohre. Damit sind die genauso dick wie bei einer Lyrik Enduro Gabel mit 160 Millimeter Federweg. Sowohl beim Anbremsen, als auch beim Lenken merkt man keine nennenswerte Verwindung der Gabel. Das PDQ zeigt im Praxistest keinerlei Mängel bei der Steifigkeit.

Praxistest
Lohnt sich das Mehrgewicht der Teleskopstütze und der dickeren Gabel auch in der Abfahrt?

Roses PDQ ist ein Schweizer Taschenmesser auf dem Trail

Bergauf spielt dem Bike natürlich das niedrige Gewicht in die Karten. Die leichten Newmen Carbon Laufräder sorgen durch ihr niedriges Gewicht für eine sehr geringe Trägheit im Antritt. Das Bike beschleunigt wirklich super.

Klar ist natürlich, dass man im Kampf gegen die Schwerkraft jedes Kilo merkt. Mit 10 Kilo ist das Gesamtgewicht gut. Ohne Teleskopstütze und mit 100 Millimeter Federweg knacken andere Hersteller (wie Scott mit dem Scale hier) sogar die 9 Kilo Marke. Der Vorteil an der Waage geht aber immer mit Abstrichen in der Abfahrtsperformance einher

Was mit dem PDQ schon auf den ersten Meter des Trails auffällt, ist, dass die Federgabel super feinfühlig arbeitet. Im Steuerrohr von dem Bike steckt die brandneu Rock Sid Ultimate. Die hat erstmals einen dreistufigen Lockout. Es gibt also neben offenen und geschlossen Modi auch den “Pedal” Modus, den man über den Gripshift Hebel einlegen kann.

Rock Shox Sid Gabel
Die Rock Shox Sid Gabel hat erstmals einen zweistufigen Lockout. Die Zwischenstufe zwischen komplett offen und komplett geschlossen ist genial.
Teleskopstütze
Die Teleskopstütze ist in Kombination mit der 120er Gabel tatsächlich ein Gamechanger im Singletrail[link id="26477"]. [/link]

Diese neue Zwischenstufe erlaubt es den Fahrwerks-Ingenieuren, die offene Stellung noch sensibler zu machen. Mit den dicken 2,4er Reifen, die auf den 30er Felgen auch wirklich voluminös rüberkommen, erlebt man hier nicht nur einen traumhaften Komfort. Das Bike strotzt auch vor Grip.

Gerade bei offenen Kurven merkt man das. Wenn es steiler wird oder kleinere Sprünge anstehen, spielt die Gabel mit 120 Millimeter ihren Joker aus. Da hat sie deutlich mehr Reserven, als die üblichen 100 Millimeter Gabeln.

In Kombination mit der Teleskopstütze und der wirklich gelungenen Geometrie kommt bergab richtig Spaß auf. Das ist genau der Part, wo sich das Rose PDQ zu den klassischen Racehardtails wie dem Scott Scale oder dem Orbea Alma unterscheidet. Es ermöglicht einem bergab einfach mehr Fahrspaß oder sogar den Ausflug auf minimal gröbere Trails.

Sram Level Bremse
Die am Vorderrad verbaute 180er Bremsscheibe macht aus der Sram Level Bremse mit 2 Kolben immer noch keinen Wurfanker. Der Hebel fällt ergonomisch aus.
Sram XX1 Eagle Transmission
The best your money can buy! An dem Topmodell ist ein Sram XX1 Eagle Transmission Antrieb ohne Schaltauge verbaut. Mehr Infos zu diesem [link id="26477"]Antrieb gibt es hier. [/link]

Bremsen und Schaltung am Topmodel PDQ

Eine Einschränkung gibt es beim Praxistest: Die verbauten Sram Level Bremsen verzögern, sind aber keine Anker. Für leichte Fahrer wie mich ist das OK. Je schwerer man selbst ist, desto klarer wird: Die Bremsen werden den restlichen Anbauteilen in puncto Abfahrtsperformance nicht gerecht.

Die Transmission Schaltung tut, was man von ihr erwartet. Sie schaltet, wenn auch mit minimaler Verzögerung, dafür aber selbst unter Volllast. Wer mehr Infos zu der Schaltung haben will, der sollte diesen Testbericht mal lesen.

Alle aktuellen Rose PDQ Modelle auf einen Blick inkl. Preise und Verfügbarkeiten:

Wie bei all unseren Tests liefern wir nicht nur tiefgründige Einblicke in die Details. Im Gegensatz zu allen anderen Medien erlaubt es unser innovatives und absolut objektives Testsystem euch Informationen zur kompletten Modellfamilie zu liefern. Auffällig ist, dass Rose mit dem PDQ 1 schon für 3000 € ein sehr stimmiges und vor allem hochwertiges Komplettbike liefert.

Hier haben wir übrigens eine komplette Kaufberatung für Racebikes.

Alle aktuellen Rose PDQ Modelle im Überblick

Fazit zum Rose PDQ

Rose bringt mit seinem neuen Ansatz tatsächlich mächtig Bewegung in den ersten Startblock der Marathon Szene. Den Bocholtern gelingt es, den Einsatzbereich des PDQ deutlich gegenüber klassischer Hardtails zu erweitern.

Die 120er Gabel, die dicken Reifen und die Teleskopstütze sind tatsächlich Gamechanger. Das Gewicht ist trotz der abfahrtslastigen Ausstattung dennoch on Point. Rahmen und Geometrie hinterlassen einen wirklich durchdachten Eindruck.

Wer sich mehr Komfort als mit seinem bisherigen Hardtail wünscht oder gerne gröbere Trails unter die Stollen nimmt, aber schlichtweg kein Fully kaufen will, der wird mit dem PDQ glücklich.

Über den Autor

Ludwig

... hat mehr als 100.000 Kilometer im Sattel von über 1000 unterschiedlichen Mountainbikes verbracht. Die Quintessenz aus vielen Stunden auf dem Trail: Mountainbikes sind geil, wenn sie zu den persönlichen Vorlieben passen! Mit dieser Erkenntnis hat er bike-test.com gegründet, um Bikern zu helfen, ein ganz persönliches Traumbike zu finden.

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