Scor 2030 im Test
Scor ist der ambitionierte Versuch, eine neue Marke in einem bereits besetzten Markt zu platzieren. Ob das Scor 2030 dafür einen besonderen Trick anwendet und auf welche Qualitäten es setzt, klären wir im Test.

Der Markt für Mountainbikes ist in den letzten beiden Jahren zum Haifischbecken mutiert. Weil die Szene und damit auch die Nachfrage nach neuen Bikes seit den 90er Jahren mehr oder weniger konstant gewachsen ist, war es in dieser Zeit relativ leicht, neue Marken zu etablieren. Oft reichte es, schicke Bikes bei den richtigen Händlern zu platzieren und schon ist der Laden gelaufen.
Aber die Voraussetzungen im MTB-Markt haben sich drastisch geändert. Unsere Deals-Seite mit Rabatten von 40 % und mehr macht eindeutig: Derzeit übersteigt das Angebot an Mountainbikes die Nachfrage deutlich. Wer keine Produkte anbietet, die in Preis, Image oder Funktion herausstechen, wird in so einem Umfeld von den etablierten Marken schlichtweg aufgefressen. Hat das 2030 das Zeug, der Marke Scor durch diese herausfordernde Phase zu helfen?


Quick Facts zum Scor 2023
- Modelle: 3 Stück ab 3999 €
- Preis: 6499 € (GX-Ausstattung)
- Gewicht: 13,72 Kilo (GX-Ausstattung)
- Rahmengewicht: 2885 Gramm
- Federweg vorne: 140 mm
- Federweg hinten: 120 mm (optional mit 130 mm mit anderem Dämpfer)
- Rahmenmaterial: Carbon
- Besonderheit: Staufach im Unterrohr, VPP-Hinterbau, Bikepark-Freigabe (ASTM 4)
- Tretlager: Pressfit

Schluss mit Lügen: Freigegeben für den realen Einsatzweck
Scor platziert sich als junge, stylische Marke für Gravity-orientierte Kunden. Passend dazu geht das 2030 trotz gerade mal 120 mm Federweg im Heck mit der ASTM Klasse 4 ins Rennen. Diese Klassifizierung findet man normalerweise nur an Bikes mit mehr Federweg, denn sie erlaubt offiziell Sprünge mit einer Höhe von 1,22 m.
Zum Vergleich, Canyons Neuron hat ebenfalls 140 mm Federweg an der Gabel, aber lediglich die ASTM Klasse 3. Hier ist offiziell bei Sprüngen mit einer Höhe von 0,66 Metern das Ende der Fahnenstange erreicht. Das Rockrider Feel 900 S im Test, welches wir ebenfalls bereits getestet haben, wird auf der Webseite offiziell mit den Worten „nicht für Downhill geeignet“ beschrieben.

Scor haut mit einer aggressiven Bildsprache im Marketing auf die 12, liefert dafür aber auch das passende Produkt. Denn die Schweizer geben das Scor 2030 sogar offiziell für den Bikepark-Einsatz frei und lügen dem Kunden mit ihren Marketingbildern damit nicht an.

Rahmendetails
Beim Hinterbau setzt Scor auf ein VPP-System, wie man es auch von Santa Cruz kennt. Ab Werk kommt es mit einem Dämpfer mit 47,5 mm Hub. Es kann jedoch ein Dämpfer mit 52,5 mm Hub verbaut werden. Dann erhöht sich der Federweg auf 130 mm im Heck. Der Dämpfer liegt tief, das geschlossene hintere Rahmendreieck sorgt für viel Steifigkeit im Fahrbetrieb. Das modische Staufach im Unterrohr bietet Platz für einen Ersatzschlauch und ein Minitool.
Die Leitungen für Bremse, Sattelstütze und Schaltung verlaufen diesseits des Steuersatzes. Dank einer durchgehenden Führung im Inneren des Rahmens gelingt der Wechsel auch für ungeübte Mechaniker kinderleicht. Weniger wartungsfreundlich ist das Pressfit-Innenlager. Will man dieses wechseln, ist manchmal rohe Gewalt gefragt.


Und obwohl die Hinterbau-Lager mit einer zusätzlichen Dichtung gegen Staub und Schmutz versehen wurden, hat unser Testbike nervige Knarzgeräusche im Fahrbetrieb von sich gegeben. Das Testbike war nicht neu, als es uns erreichte, war aber in einem technisch guten Zustand. Mit dem reinen Nachziehen des Hinterbaus und einer WD40-Kur zum Troubleshooting war die Geräuschkulisse nicht zu beheben.

So fährt sich das Scor 2030 auf Tour und Trail
Obwohl das Scor dem deutlich teureren Santa Cruz 5010 mit 13,72 Kilo ohne Pedale auf der Waage die Stirn bieten kann, fällt der Antritt etwas träger aus. Die DT Swiss Laufräder sind mit 4470 Gramm schwerer als die von anderen Testbikes mit 140 mm Federweg.

Das Scor im direkten Vergleich zu vergleichbaren Herstellern
MODELL | FEDERWEG | GEWICHT | PREIS |
Liteville H-3 (Hardtail) | 140 mm / - | 11,84 | 4999 € |
Cube One44 | 140 mm / 140 mm | 12,71 | 3999 € |
Santa Cruz 5010 | 140 mm / 130 mm | 13,59 | 9999 € |
Scor 2030 | 140 mm / 120 mm | 13,72 | 6499 € |
Orbea Laufey (Hardtail) | 140 mm / - | 13,75 | 2399 € |
Rockrider Feel 900 s | 140 mm / 130 mm | 13,97 | 3970 € |
Crossworx Lite 290 | 140 mm / 140 mm | 14,47 | 5615 € |
Vitus Mythique | 140 mm / 130 mm | 15,8 | 2500 € |
Raaw Jibb | 150 mm / 135 mm | 14,67 | ca. 8000 € |
YT Jeffsy | 150 mm / 145 mm | 15,52 | 4999 € |
Canyon Spectral | 150 mm / 140 mm | 15,8 | 3999 € |
Dank der sportlichen Sitzposition, dem gut rollenden Hinterreifen und dem antriebsneutralen Hinterbau kommt man sowohl bergauf als auch auf längeren Geraden besser vom Fleck, als man es erwarten würde. Das Scor 2030 schlägt sich auch auf langen Touren exzellent und schreckt auch vor einer Alpenüberquerung nicht zurück.


Bergab präsentiert sich das Bike weniger als Komfortsänfte, sondern vielmehr als straffer Sportler. Die schmächtigen 120 mm Federweg im Heck sind straff abgestimmt. Das Ergebnis: Man kann mit dem Bike perfekt durch Kurven drücken und es herrlich leicht in den Bunny Hop ziehen.
Die Kombination aus geringem Gewicht und straffem Fahrwerk wirkt der laufruhigen Geometrie entgegen. Denn so kann man mit etwas Körpereinsatz das Bike trotz flachem 64-Grad-Lenkwinkel und langem Radstand zu schnellen Richtungswechseln überreden. Dennoch: Bikes wie das Santa Cruz 5010 bleiben agiler auf dem Trail. Und mit 120 mm im Heck muss man sich in rumpeligen Trailabschnitten auch auf deutliches Feedback vom Heck einstellen.


Fazit zum Scor 2023
Scor schafft es, mit einem abfahrtsorientierten Bike mit gutem Vortrieb tatsächlich eine Marktlücke zu besetzen. Das Scor 2030 ist kein Komfortwunder, weiß dafür mit einer harten Gangart umzugehen. Der Preis ist, gemessen an der Ausstattung, hoch. Das Gewicht mit 13,72 Kilogramm dafür erfreulich niedrig.
Der breite Einsatzbereich von Alpenüberquerungen bis gelegentlichen Bikepark-Einsätzen ist ein starkes Argument, welches das Scor 2030 in den Ring wirft. Wobei man ehrlich bleiben muss: Das Wort gelegentlich vor dem Bikepark-Einsatz muss betont werden. Denn bergab haben Enduros mit mehr Federweg mehr Potenzial.
Das Scor 2023 Lineup und der komplette Markt im Überblick
Das Scor 2030 bewegt sich in einem hart umkämpften Marktsegment. Während Canyon mit seinem Neuron mit einem guten Hinterbau punktet, kommt Cube vor allem über das Gewicht. Radon bietet mit dem Slide Trail AL eine preisaggressive Option unter 3000 € an. Crossworx zieht den „Made in Germany“ Joker. Und Santa Cruz haucht seinem 5010 mehr Fahrspaß ein, als jeder andere Hersteller.
Die Aufzählung macht klar, wie hart der MTB-Markt derzeit umkämpft ist. Damit ihr nicht den Überblick über all diese Optionen verliert, haben wir hier eine komplette Marktübersicht mit allen verfügbaren Modellen im All Mountain Sektor für euch. Außerdem findet ihr hier alle Scor 2030 Modelle im Überblick: